"The Pope's Exorcist" startet in den Kinos

Nichts für schwache Nerven: Horrorfilm über Exorzist Gabriele Amorth

Veröffentlicht am 06.04.2023 um 00:01 Uhr – Von Anita Hirschbeck (KNA) – Lesedauer: 

Rom ‐ Wieder kommt ein Horrorfilm über Exorzismus in die Kinos. Dem Genre gemäß sind die Darstellungen drastisch. Doch auch die Berichte des echten früheren Exorzisten des Bistums Rom sind nicht ohne.

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Ein dunkles Zimmer, unheimliche Geräusche, ein schwach beleuchtetes Kreuz. In einem schmutzigen Bett spricht ein Kind mit der Stimme eines Dämons, verdreht die Augen und spuckt schließlich einen toten Vogel aus. So wirbt die Filmindustrie für den Horrorstreifen "The Pope's Exorcist", der ab Donnerstag in den deutschen Kinos zu sehen ist. Schauspieler Russell Crowe (58) verkörpert darin einen der bekanntesten Teufelsaustreiber der katholischen Kirche: Gabriele Amorth, einst Exorzist des Bistums Rom und damit zuständig für die Diözese des Papstes.

Gruselige Stimmen und unerklärliche Vorkommnisse – klingt arg nach Hollywood-Klischee. Oder? "Zentimeterlange Nägel oder auch Rasierklingen – manchmal spucken die Besessenen beim Exorzismus ganze Gegenstände aus", erklärte der 2016 verstorbene Amorth in einem Beitrag des Fernsehmagazin Spiegel TV. "Wenn sie diese Leute zuvor röntgen würden, könnten sie nichts entdecken. Erst wenn die Gegenstände ausgespuckt werden, nehmen sie Gestalt an."

Gabriele Amorth zählt zu den bekanntesten Exorzisten.
Bild: ©picture alliance / abaca/Vandeville Eric

Exorzisten-Legende aus Rom: Gabriele Amorth.

Solche Berichte scheinen die Fantasien von Hollywood-Regisseuren zu bestätigen. In Deutschland bemühen sich Kirchenvertreter um einen nüchterneren Blick auf die Praxis des Exorzismus, die es auch heute noch gibt. Einerseits müssten die spirituellen Bedürfnisse von Menschen, die um eine Teufelsaustreibung bitten, ernst genommen werden, heißt es auf der Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz. Gleichzeitig soll die Hilfe nicht einseitig auf das Spirituelle verkürzt, sondern ein "Netzwerk an Helfenden" mit einbezogen werden - etwa medizinische Fachleute.

Nach vatikanischen Richtlinien muss ein Exorzist zunächst genau prüfen, ob wirklich ein Fall von Besessenheit vorliegt. Um böse Mächte zu vertreiben, spricht der Priester unter anderem Gebete und Segensformeln. Für den sogenannten Großen Exorzismus, ein spezielles Ritual, braucht es die Genehmigung des ortsansässigen Bischofs. Mit der Praxis hat die Kirche in Deutschland 1976 eine bittere Erfahrung gemacht: Damals starb eine junge Frau an Unterernährung; in den Monaten vor ihrem Tod war dutzende Male der Große Exorzismus an ihr vollzogen worden. Der Fall sorgte international für Schlagzeilen.

In Deutschland sehr seltene Praxis

Heute werden Teufelsaustreibungen in Deutschland extrem selten nachgefragt. Anders in Italien: Dort suchen laut einer Schätzung katholischer Exorzisten von 2018 jedes Jahr rund 500.000 Menschen Hilfe bei Vertretern ihres Berufsstands. Zu dieser Zahl dürfte Gabriele Amorth maßgeblich beigetragen haben.

Der 1925 im norditalienischen Modena geborene Priester und einstige antifaschistische Widerstandskämpfer kam erst spät zu seinem Fach. Nachdem er Theologie und Rechtswissenschaft studiert hatte, arbeitete er rund 30 Jahre als Herausgeber der katholischen Monatszeitschrift "Madre di Dio". 1986, im Alter von 61 Jahren, ernannte das Bistum Rom den Mann mit der charakteristischen Glatze zum Exorzisten.

Weihbischof über seinen einzigen Exorzismus: Es war wie im Film

"Der Exorzist" und andere Horrorfilme haben das Bild vieler Menschen vom Befreiungsdienst der Kirche geprägt. Weihbischof Martin Gächter hat damit 30 Jahre Erfahrung und in dieser Zeit nur einen vergleichbaren Fall von Besessenheit erlebt.

Amorth, Mitglied der publizistisch sehr aktiven Gemeinschaft der Paoliner, schrieb einige Bücher über sein Metier. Zweimal war er Gegenstand von Dokumentarfilmen. Oft äußerte er sich öffentlich in viel beachteten Interviews. So warnte er vor der Lektüre von "Harry Potter", die "zur Zauberei und damit zum Bösen" führe. Eigenen Angaben zufolge nahm er in seinen ersten 15 Exorzisten-Jahren mehr als 50.000 Teufelsaustreibungen vor. Zur Trauerfeier nach seinem Tod 2016 kamen laut einem Bericht der Zeitung "L'Avvenire" so viele Menschen in die geräumige Kirche Regina degli Apostoli in Rom, dass sie teilweise auf dem Platz vor der Kirche stehen mussten.

Der Trauerfeier wohnten auch etliche Mitglieder der Internationalen Vereinigung der Exorzisten bei, die Amorth 1994 in Rom mitinitiiert hatte. Der Verband blickt kritisch auf die Hollywood-Version seines langjährigen Ehrenpräsidenten. Der Trailer von "The Pope's Exorcist" zeige, wie unglaubwürdig mit dem sensiblen Thema des Exorzismus umgegangen werde, so die Vereinigung. Die Erfahrungen von "Don Amorth" würden übertrieben und verfälscht dargestellt. Die Inszenierung sei zudem beleidigend für Menschen, die sich in einem Leidenszustand befänden.

Das Bistum Rom verwies auf Anfrage an die vatikanische Pressestelle, die sich bislang nicht zu "The Pope's Exorcist" äußerte. Auch die Paoliner ließen mehrere Fragen unbeantwortet – etwa nach der Grabstelle ihres prominenten Mitglieds. In Rom kursiert das Gerücht, der Ort werde geheimgehalten, um Satanisten und Teufelsanbeter fernzuhalten. Hollywood hätte es sich nicht besser ausdenken können.

Von Anita Hirschbeck (KNA)