Fragen und Antworten zur Freiburger Missbrauchsstudie
Jahrelang haben Experten Akten ausgewertet sowie Täter und Opfer befragt. Am Dienstag (18. April) stellen sie ihren 600-seitigen Bericht zu Missbrauch durch Priester im Erzbistum Freiburg vor. Einige Fragen und Antworten zur Studie:
Was ist das Ziel der Studie?
Der Bericht will anhand von Fallbeispielen aufzeigen, wann, wie und warum es zu sexualisierter Gewalt durch Priester gekommen ist. Der von vier Experten erstellte Bericht konzentriert sich auf die Verantwortung der Bistumsleitung. So sollen Strukturen offengelegt werden, die Missbrauch und dessen Verschleierung begünstigt haben. Das Erzbistum betont die Unabhängigkeit der Studienautoren, vier pensionierten Juristen und Kriminalisten.
Wer steht im Fokus?
Wegen des Schutzes der Persönlichkeitsrechte wird der Bericht nur Personen mit Namen benennen, die in der Öffentlichkeit stehen: die Bischöfe, die Verwaltungschefs des Bistums, die Generalvikare, und die Leiter des Kirchengerichts, die Offiziale. Dazu zählen etwa der aktuelle Erzbischof und frühere Offizial Stephan Burger sowie seine Bischofsvorgänger Robert Zollitsch (2003-2013) und Oskar Saier (1978-2002).
Wie groß ist der Missbrauchsskandal?
Laut einer bundesweiten Untersuchung (MHG-Studie) ist von 190 beschuldigten Priestern im Bistum seit 1945 die Rede. Zur Zahl der Betroffenen und missbrauchten Kinder und Jugendlichen gibt es noch keine genaue Schätzung. Zumeist fügte jeder Täter mehreren Opfern Leid zu. Experten weisen trotz aller Untersuchungen auf eine hohe Dunkelziffer hin.
Wie haben die Experten gearbeitet?
Sie hatten unbeschränkten Zugang zu den Personalakten aller Priester des Bistums seit 1945. Zudem werteten sie rund 1.000 Protokolle der diözesanen Leitungsrunde aus. Zusätzlich wurden 180 Personen – teils persönlich, teils schriftlich – befragt, darunter Beschuldigte und Betroffene.
Was erwarten die Betroffenen vom Bericht?
Klartext zu Tätern und Verschleierungsstrukturen. Die Betroffenen wollen beispielsweise wissen, warum Täter nicht bestraft, sondern nur versetzt wurden. Oder warum Akten unvollständig sind.
Was geschieht mit den Ergebnissen, und wie geht es weiter?
Erzbischof Burger hat zugesagt, Konsequenzen aus dem Bericht zu ziehen. Die Studie sei kein Schlusspunkt. Aufarbeitung bleibe ein lebenslanger Prozess, "den ich als Erzbischof mitgehe". Kritiker fordern weitere Untersuchungen, etwa zu Missbrauch und Gewalt in Heimen, in Caritas-Einrichtungen oder durch Seelsorger, die keine Priester sind.
Wie weit ist die Aufarbeitung der katholischen Kirche in Freiburg und in Deutschland insgesamt?
Ein Überblick über den Stand in den 27 deutschen Diözesen ist schwierig. Viele Diözesen haben Studien veröffentlicht oder arbeiten daran. Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat ein zentrales Verfahren zur Einmalzahlung von Geldern für Betroffene aufgebaut.
Das Erzbistum Freiburg geht weiter: So können in sozialen Härtefällen monatliche Zuschüsse ausgezahlt werden. Diese Regelung ist deutschlandweit einmalig. Auch werden Kosten für Therapien übernommen. Der Freiburger Betroffenenbeirat kritisiert zwar, dass die Aufarbeitung spät begonnen habe. Die Betroffenen anerkennen aber zugleich die Arbeit der vergangenen Jahre.