Betroffenenverein "Missbrauchsopfer im Bistum Trier" fordert Rücktritt

Kritik an Aufarbeitungskommission für Umgang mit Missbrauchsfall

Veröffentlicht am 16.04.2023 um 16:48 Uhr – Lesedauer: 

Trier ‐ Der Vorsitzende der Trierer Aufarbeitungskommission soll geraten haben, belastende Fotos zu verbrennen. Der Betroffenenverein spricht von einem "unsäglichen Vorgang". Der Vorsitzende versicherte währenddessen dem Vorfall "wie üblich" nachzugehen.

  • Teilen:

Nach Bekanntwerden eines Missbrauchsfalls aus dem Bistum Trier stehen kirchliche Verantwortungsträger erneut in der Kritik. Es geht um einen im vergangenen Jahr gestorbenen Priester aus dem Saarland, der jahrzehntelang Missbrauch begangen und in Fotos dokumentiert haben soll. Der Betroffenenverein "Missbrauchsopfer im Bistum Trier" (Missbit) forderte am Wochenende den Rücktritt des Vorsitzenden der Aufarbeitungskommission im Bistum, Gerhard Robbers. Er soll dem Neffen des Priesters, der den Fall aufdeckte, laut "Rhein-Zeitung" dazu geraten haben, die belastenden Fotos zu verbrennen. Missbit sprach von einem "unsäglichen Vorgang", mit dem sich Robbers für die Aufarbeitung disqualifiziert habe. Ihm fehle die Perspektive der Opfer. Die Fotos seien Beweismaterial. Sie könnten etwa für Anträge auf Zahlungen für erlittenes Leid wichtig sein.  

Robbers teilte auf Anfrage zu dem Fall mit: "Die Unabhängige Aufarbeitungskommission geht den Vorgängen - wie in allen entsprechenden Fällen üblich - mit Nachforschungen in den Akten und Gesprächen weiterhin nach." Zur Kritik an seiner Person äußerte er sich bis Sonntagnachmittag nicht.  

Kritik aus der Landespolitik  

Aus der Politik kommt Kritik am Handeln des Bistums. Die saarländische Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) kündigte an, eine eigene Stelle einzurichten, an die sich mögliche Opfer des Priesters wenden können. Ziel sei eine transparente Aufarbeitung.  

Streichert-Clivot kritisierte das Bistum in der "Saarbrücker Zeitung" dafür, nicht über die Vorwürfe gegen den Priester informiert und das Bildungsministerium nicht in die Aufarbeitung einbezogen zu haben. Der Priester war bis 1999 zwanzig Jahre an einer Schule im Saarland eingesetzt. Dabei soll es bereits 1971 Hinweise auf übergriffiges Verhalten gegeben haben. Daraufhin sei der Mann aber nur zeitweise versetzt worden. "Ich empfinde es als zutiefst beschämend, wie ein Mensch, über dessen Straftaten offensichtlich kirchliche Verantwortliche seit Jahrzehnten Bescheid wussten, trotzdem in einem Umfeld eingesetzt wurde, in dem er Zugang zu Kindern und Jugendlichen hatte", so die Ministerin. Das Bistum äußerte sich am Wochenende nicht zu den Vorwürfen und zur Kritik am Vorsitzenden der Aufarbeitungskommission.  

Die "Rhein-Zeitung" machte den Fall in der vergangenen Woche öffentlich. Demnach soll der Neffe des Priesters im Haus des Verstorbenen nach dessen Tod Kisten mit Fotografien und Filmen gefunden haben. Die Bilder zeigten unbekleidete Heranwachsende, von denen einige erkennbar minderjährig seien. Die Aufnahmen sollen von den 1960er Jahren bis in die 2000er Jahre reichen. Die Motive würden immer drastischer und seien teilweise eindeutig pornografisch. Der Priester wurde nach Angaben des Bistums 2012 sanktioniert, durfte keine Messen mehr feiern, und der Umgang mit Jugendlichen wurde ihm verboten. Zuvor genoss er hohes Ansehen; wegen seines Engagements für Afrika wurde er mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik ausgezeichnet. (KNA)