Missbrauchsbeauftragte Claus kritisiert Aufarbeitungskommission

Staatsanwaltschaft befasst sich mit Priester-Missbrauchsfall in Trier

Veröffentlicht am 20.04.2023 um 12:06 Uhr – Lesedauer: 

Saarbrücken/Frankfurt ‐ Der Fall um einen Priester, in dessen Nachlass teils kinderpornografisches Material gefunden wurde, wird nun auch von der Staatsanwaltschaft untersucht. Derweil schaltete sich zudem die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung in die Debatte ein.

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Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken befasst sich mit Missbrauchsvorwürfen gegen einen verstorbenen Priester aus dem Bistum Trier. Sie teilte mit, einen Prüfvorgang angelegt zu haben und Vorermittlungen zu führen. Ziel sei herauszufinden, ob es lebende Tatbeteiligte und nicht verjährte Taten gebe. Die Staatsanwaltschaft prüfe auch, ob sie pornografische Fotos und Filmstreifen annehmen und auswerten könne. Es geht dabei um den Priester, in dessen Nachlass Kisten mit pornografischem Material gefunden worden waren. Sie zeigten teilweise Minderjährige.

Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, in die Debatte über den Umgang mit dem Trierer Missbrauchsfall ein. Ein Neffe des Priesters hatte den Fall öffentlich gemacht und sich unter anderem an die Unabhängige Aufarbeitungskommission im Bistum Trier gewandt. Deren Vorsitzender, der frühere rheinland-pfälzische Justizminister Gerhard Robbers, steht nun in der Kritik. Nach den Worten des Neffen hatte Robbers ihm nahegelegt, die Bilder zu vernichten, um nicht Gefahr zu laufen, sich selbst strafbar zu machen.

Es zeige sich "Unsicherheit von Kommissionsmitgliedern"

"Der aktuelle Vorwurf gegen den Trierer Kommissionsvorsitzenden Robbers zeigt, dass wir noch kein gemeinsames Verständnis davon haben, welche Voraussetzungen eine gelingende Aufarbeitung braucht", sagte Claus der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag). Mögliches Beweismaterial zügig an eine zuständige Stelle zu geben oder zu vernichten, möge aus strafrechtlicher Sicht nachvollziehbar sein, diene aber nicht der Aufarbeitung. Diese habe gerade das Ziel, Taten – auch verjährte – aufzudecken, um Verantwortliche zu identifizieren und wenigstens heute eine Verantwortungsübernahme zu erreichen. "Es zeigt sich hierin aber auch die – nachvollziehbare – Unsicherheit von Kommissionsmitgliedern hinsichtlich des Risikos einer eigenen Strafbarkeit", so die Missbrauchsbeauftragte.

Für Betroffene können Bilder Claus zufolge wichtige Beweismittel sein, wenn es um Anerkennungsleistungen der Kirche oder den Zugang zu Leistungen nach dem Opferentschädigungsrecht geht. "Die Vernichtung von Beweismitteln als Vorschlag eines Kommissionsvorsitzenden erscheint höchst befremdlich und ist aus Betroffenensicht völlig inakzeptabel", sagte Claus. Robbers stellt sein Gespräch mit dem Neffen des Priesters anders dar. "Ich habe darauf hingewiesen, dass man das Material zügig an eine zuständige Stelle geben oder vernichten muss nach der jetzigen Rechtslage", sagte er der Zeitung. (tmg/KNA)