Ex-Caritas-Generalsekretär nach Absetzung: "Brutale Machtübernahme"
Der im vergangenen November von Papst Franziskus abgesetzte Generalsekretär von Caritas Internationalis, Aloysius John, hat kurz vor der Generalversammlung des Hilfswerk-Dachverbands scharfe Kritik an seiner und der Entlassung anderer Führungspersonen des Welt-Dachverbands geübt. Die Entscheidung des Vatikan sei "in Eile, mit unglaublicher Gewalt und sehr schlechter öffentlicher Kommunikation" getroffen worden und habe "die Kirche und eines ihrer Juwelen, Caritas Internationalis, in Verruf gebracht", schreibt John in einem Brief, aus dem die Nachrichtenagentur AP (Dienstag) zitiert. Es handle sich um eine "brutale Machtübernahme" durch die vatikanische Entwicklungsbehörde
In dem Brief betont John demnach, dass die Caritas gut funktioniert habe und in guter finanzieller Verfassung gewesen sei, als er entlassen wurde. Er habe die der Entlassung vorausgegangene unabhängige Untersuchung angestrebt, um Mitarbeiter, die sich über das Arbeitsumfeld beschwert hatten, besser unterstützen zu können. John, ein französischer Staatsbürger indischer Abstammung, bringt seine Entlassung auch damit in Verbindung, dass Caritas-Verantwortliche aus den wohlhabenderen Regionen des Nordens dem Verband ihren Willen aufzwingen wollten und nie einen Caritas-Generalsekretär aus dem Süden gewollt hätten.
"Reise der Erneuerung"
Als Reaktion auf Johns Brief erklärte Caritas Internationalis, sie habe sich in den vergangenen sechs Monaten auf eine "Reise der Erneuerung und der Gemeinschaft" begeben, die auf dem Dekret von Franziskus basiere, das eine Reform der Organisation fordere. Franziskus hat vor kurzem neue Statuten für Caritas Internationalis genehmigt, die den Delegierten bei der in dieser Woche stattfindenden Versammlung vorgelegt werden sollen. Bei dem Treffen sollen rund 400 Delegierte aus 150 Ländern eine neue Führungsspitze aus Präsidenten, Generalsekretär, Schatzmeister sowie den Vorstand und den Vertretungsrat Caritas-Weltdachverbands wählen.
Papst Franziskus hatte im November überraschend die gesamte Führungsriege von Caritas Internationalis samt dem Präsidenten, Kardinal Luis Antonio Tagle, entlassen und einen kommissarischen Leiter ernannt. Dieser sollte für eine Aktualisierung der Statuten und Regeln von Caritas Internationalis sorgen. Dabei werde er in Abstimmung mit der vatikanischen Entwicklungsbehörde handeln und auch von Tagle unterstützt werden, hieß es. Vorausgegangen war eine Untersuchung des Caritas-Internationalis-Büros in Rom. Die vatikanische Entwicklungsbehörde erklärte, es sei vor allem das Arbeitsumfeld im Generalsekretariat und dessen "Übereinstimmung mit den katholischen Werten der Menschenwürde und der Achtung vor jedem Menschen" untersucht worden. Dabei sei es nicht um Vorwürfe des finanziellen Missmanagements oder um verfehlte Fundraising-Ziele gegangen, auch habe es keinen Nachweis sexuellen Fehlverhaltens gegeben: "Es wurden echte Mängel im Management und in den Verfahren festgestellt, die den Teamgeist und die Moral der Mitarbeiter ernsthaft beeinträchtigen."
Im Januar setzte der kommissarische Geschäftsführer einen Großteil der Verwaltungsspitze bis zur Generalversammlung wieder ein. Die Mitglieder diverser Komitees und insbesondere der gewählte Vertretungsrat kamen bis auf Weiteres wieder ins Amt. Diesem gehört auch Kardinal Tagle an. (mal)