Schönborn: Synodaler Weg ist zu sehr auf Ämterfrage fokussiert
Aus Sicht des Wiener Kardinals Christoph Schönborn spielen die Themen des Synodalen Wegs der Kirche in Deutschland für Katholiken in anderen Ländern der Welt nur eine untergeordnete Rolle. "Ich habe im deutschen Synodalen Weg keine einzige wirtschaftliche Frage gesehen, auch keine einzige wirklich soziale Frage; nichts zum Flüchtlingsthema, nichts zur Ökologie…", kritisierte der Wiener Erzbischof in einem Interview mit dem ORF (Dienstag). "Was ist da passiert? Eine Fokussierung auf die Ämterfrage, die in der Weltkirche in dieser Weise bisher nicht rezipiert ist." Diese könne jedoch noch kommen, dafür müsse der weltweite synodale Prozess offen sein. "Aber blockieren wir uns nicht von vornherein – die Ämterfrage ist auf dem Tisch, aber sie ist bei Weitem nicht die einzige Frage."
Er sei gespannt, wie der Konflikt des Synodalen Wegs in den weltweiten synodalen Prozess hineinspielen werde. "Es kann durchaus sein, was ja manche Synodalen in Deutschland auch erhoffen, dass es zu einem Pull-Effekt kommt durch den deutschen Synodalen Weg; dass der auch in anderen Ländern sich als attraktiv erweist", so der Kardinal, der als Mitglied des vatikanischen Synodenrates an der Weltsynode teilnimmt. Bisher habe er allerdings nicht diesen Eindruck, "weil in vielen Teilen der Welt die drängenden Probleme anders gesehen werden". Der Vatikan habe zwar Grenzen für den Synodalen Weg aufgezeigt, diese seien jedoch nicht mit Sanktionen verbunden worden, "sondern sie sind in der Offenheit einer Debatte eingebracht worden", so Schönborn. "Wie weit man auch im deutschen Synodalen Weg bereit ist, auch diese anderen Stimmen zu hören und auf sie einzugehen, das wird sich weisen."
Schönborn: Synodalität ist gescheitert, wenn ...
Aus seiner Sicht darf Synodalität nicht dazu führen, dass die Kirche sich nur mit sich selbst beschäftigt. Schönborn kritisierte die Europäische Bischofskonferenz CCEE dafür, dass sie es nie geschafft habe, eine gemeinsame Position der europäischen Bischöfe in der Migrationsfrage zustande zu bringen. "Also wenn die Synodalität, die Franziskus jetzt verstärkt praktizieren will, nicht zu klaren Worten zu den großen gesellschaftlichen Problemen führt, dann ist sie gescheitert."
Angesprochen auf mögliche Enttäuschungen durch den weltweiten synodalen Prozess erklärte der Kardinal: "Wenn wir uns von vornherein mit der Gewissheit auf diesen Weg begeben, dass das am Ende herauskommen muss, was ich mir vorstelle, dann kann es eine Enttäuschung werden, ja", so Schönbörn. "Wenn Sie ergebnisoffen in diesen Weg gehen, dann kann es auch noch Enttäuschungen geben – aber sich auf den Weg der Synodalität einzulassen bedeutet, sich auf einen Weg einzulassen, in dem es um die Unterscheidung geht: Welchen Weg zeigst du uns?" Am Ende sollten allerdings trotzdem auch Entscheidungen fallen.
Angesprochen auf die hohe Zahl der Kirchenaustritte auch in Österreich sagte Schönborn: "Wir werden durch keine Maßnahmen den Katholikenschwund aufhalten können – auch nicht durch irgendwelche angeblichen, unbedingt notwendigen Reformen." Österreichweit werde die Katholikenzahl sicher auf 40 Prozent oder weniger sinken. Dies sei aber eine gesellschaftliche Entwicklung und habe nicht primär damit zu tun, dass die Kirche viele Fehler gemacht habe. Volksreligiosität sei damit nicht mehr so omnipräsent – "aber sie ist bei Weitem nicht tot". (cbr)