Cape der guten Hoffnung
Nun kamen Sri Lanka mit seinen ethnischen und kulturellen Konflikten sowie die tief katholischen, aber von krasser sozialer Ungleichheit geprägten Philippinen hinzu. Sogar die klimatischen Extreme des südlichen Asien begegneten Franziskus bei dieser Reise.
In Sri Lanka stand vor allem die Botschaft der Versöhnung nach dem grausamen Bürgerkrieg zwischen Singhalesen und Tamilen (1983-2009) im Mittelpunkt. Auch nach dessen Ende ist Sri Lanka eine ethnische Zweiklassengesellschaft geblieben. "Alle müssen eine Stimme haben", forderte Franziskus auf der Insel im Indischen Ozean. Als erster Papst reiste er auch ins Gebiet der besiegten tamilischen Rebellen. Die religionsübergreifende Verehrung des Marienheiligtums Madhu dort beeindruckte ihn sehr.
Papst fordert volle Religionsfreiheit
Das interreligiöse Treffen in Colombo mit Vertretern der buddhistischen Bevölkerungsmehrheit, Hindus, Muslimen und der kleinen Gruppe der srilankischen Christen erlebte einen Papst, der mit Hindu-Schal um die Schultern auf gemeinsame Werte und gegenseitigen Respekt pochte. Dass dieser Respekt vor allem die volle Religionsfreiheit "ohne Zwang und Einschüchterung" erfordert, machte Franziskus bei der Heiligsprechung des "Apostels von Ceylon", Joseph Vaz (1651-1711), deutlich. Bei der Feier in Colombo mit einer halben Million Menschen vor der Kulisse des Indischen Ozeans betonte er, dass die Christen den Auftrag hätten, das Evangelium Jesu in der ganzen Welt zu verkünden.
Auf den Philippinen wurde der "Papst der Armen" dann schließlich in Manila von Millionen Menschen begeistert empfangen. Acht von zehn Bewohnern gehören im einzigen asiatischen Land mit großer katholischer Mehrheit (außer Osttimor) der Kirche an. Sehr viele sind fromm; das Elend ist krass. Gleich hinter den Luxushotels an der Manila Bay schlafen selbst Säuglinge auf dem Bürgersteig.
Für einen Staatsgast ungewöhnlich direkt sprach der Papst denn auch die menschenverachtenden Zustände an. Die skandalöse Ungleichheit führe zu einer "kranken Gesellschaft". Gewissermaßen in der Höhle des Löwen, der Residenz von Staatspräsident Benigno Aquino, verurteilte Franziskus vor Regierung und Parlamentariern eine hemmungslose Korruption, die Ungerechtigkeit zementiert und die Armen bestohlen habe. Es brauche "einen Wandel der Mentalität und des Herzens". Auch der teils sehr machthörigen Kirche des Landes schärfte Franziskus die Kernbotschaft des Evangeliums ein: Bischöfe und Priester hätten nicht dem Reiz der Annehmlichkeit, sondern Jesus zu folgen und sich ganz in den Dienst der Notleidenden zu stellen.
Abstecher zu den Opfern von Wirbelsturm "Haiyan"
Zwar besuchte Franziskus keinen Slum wie 2013 in Rio de Janeiro. Dafür machte er einen Abstecher zu den Opfern von Tacloban, wo der Wirbelsturm "Haiyan" vor einem guten Jahr Tausende in den Tod gerissen hatte. Ein gelbes Plastik-Cape, das er während der Messe über seinen liturgischen Gewändern trug, ebenso wie die 300.000 Gottesdienstbesucher, wurde zum Symbol: Ich bin einer von euch. Kurz darauf musste der Papst aufgrund des Unwetters vier Stunden früher als geplant nach Manila zurückfliegen.
Dort traf Franziskus in diesen Tagen auch Straßenkinder und Jugendliche. Er warnte vor einer "ideologischen Kolonialisierung" der Familie durch westlichen Einfluss. Die von ihm geforderte "Offenheit für das Leben" ist auf den Philippinen derzeit sehr umstritten. Eine Mehrheit sieht das immense Bevölkerungswachstum als Armutsgrund Nummer eins und fordert Verhütungsmittel.
Sechs bis sieben Millionen Philippiner sollen - nach sehr optimistischen Behördenangaben - zur Abschlussmesse in Manila gekommen sein. Es wäre die höchste Teilnehmerzahl in der Geschichte der Papstreisen. "Die Philippiner sind berufen, den Glauben in Asien zu verbreiten", rief Franziskus den Menschen im Regen zu. Und bei seiner Abfahrt trug auch er es wieder: ihr gelbes Cape der guten Hoffnung.
Von Christoph Schmidt (KNA)