Jugendbischof Wübbe: Weltjugendtag wegen Kirchenkrise umso wichtiger
Jugendbischof Johannes Wübbe hat zu Beginn des Weltjugendtags in Lissabon dessen Bedeutung angesichts der Krise der Kirche betont. Im Blick auf ihre schwierige Lage sei die Veranstaltung "umso wichtiger", sagte der Vorsitzende der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) bei der Auftakt-Pressekonferenz der Deutschen Delegation am Dienstag in Lissabon. Der Weltjugendtag allein "kann die Kirche in Deutschland nicht grundlegend erneuern, aber es sind die vielen jungen Menschen, die hier nach Lissabon gekommen sind und mir persönlich Mut machen". Trotz vieler Skandale und des Glaubwürdigkeitsverlustes der Kirche hätten sich Jugendliche auf den Weg gemacht. "Das zeigt: Weltjugendtage haben nicht ausgedient. Sie sind aktueller denn je, um die Botschaft Gottes in unsere Welt hineinzubuchstabieren."
Die Tage in Lissabon sollten den Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihre Fragen offen zu stellen, so Wübbe weiter. "Was erwarte ich von der Kirche? Was muss die Kirche tun, damit ich dabeibleibe?", umschrieb Wübbe die Anfragen der Jugendlichen. Nur mit jungen Menschen könne die Kirche weiter Kirche sein. Wübbe führt die deutsche Delegation, die unter anderem aus 17 Bischöfen besteht, an.
Der Präses des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Stefan Ottersbach, betonte, dass viele Menschen die Kirche oft als in ihren Strukturen erstarrt erlebten. Beim Weltjugendtag erführen sie, was es bedeute, Teil einer weltweiten Glaubensgemeinschaft zu sein, die Hoffnung und Kraft geben könne. Aus der Kraft des Glaubens erwachse die Bereitschaft zu gesellschaftlichem und politischem Engagement, wozu auch Papst Franziskus immer wieder auffordere. Daher biete der BDKJ auch bei diesem Weltjugendtag wieder ein internationales Youth Hearing an, dieses Mal zum Thema "Klimagerechtigkeit und Kolonialismus". "Als Christen und Christeninnen stehen wir für Gerechtigkeit und Solidarität ein", so Ottersbach. Deshalb wolle man sich selbstkritisch mit der kolonialen Vergangenheit sowie den daraus entstandenen Ungerechtigkeiten auseinandersetzen. Auch von Papst Franziskus erhoffe er sich in den kommenden Tagen eine Stellungnahme zu den Verstrickungen der Kirche in den Kolonialismus.
Protest gegen Kosten habe Berechtigung
Zu der Debatte um die Kosten des Weltjugendtags in der portugiesischen Gesellschaft sagte Ottersbach, dass diese in dem größeren Kontext der Frage stehe, welche Verortung Kirche heute noch in der Gesellschaft habe. "Die Situation der Kirche verändert sich radikal", so der BDKJ-Präses. Protestformen hätten ihre Berechtigung, weil es keine "unaussprechliche kirchliche Macht" mehr gebe, sondern Argumente ausgetauscht werden müssten. Er hoffe jedoch, die Debatte führe nicht dazu, dass es zu keinen Begegnungen zwischen den Pilgern und den Lissabonnern komme: "Wir wollen die Menschen hier nicht überwältigen oder ihren Alltag torpedieren. Wir wollen hier als Bereicherung wahrgenommen werden."
Bei der Auftakt-Pressekonferenz kamen auch zwei junge Pilgerinnen zu Wort. Judith Weskamp (24) aus dem Erzbistum Paderborn freut sich besonders auf den Austausch mit jungen Menschen verschiedener Kulturen über das persönliche Leben und die Erfahrung von Glauben in der Gemeinschaft. Emilie Pardula (16) aus dem Bistum Dresden-Meißen will die geistigen Inspirationen des Weltjugendtags in die Heimat tragen und diese in der Gemeinde und in der Jugend umzusetzen.
Am Abend wird der Weltjugendtag offiziell mit einer Messe eröffnet. Zelebrieren wird sie der Erzbischof von Lissabon, Kardinal Manuel Clemente. Rund 8.300 der angemeldeten Jugendlichen kommen aus Deutschland. Die Organisatoren erwarten insgesamt 600.000 Teilnehmende. Papst Franziskus fliegt am Mittwoch nach Portugal. Am Donnerstagabend wird er erstmals mit den Pilgerinnen und Pilgern zusammentreffen. Nach einer großen Messe mit dem Pontifex am Sonntagmorgen endet der Weltjugendtag. (mal)