Lüdecke: LGBT-Segnungen sind nur "persönliche Solidaritätsbekundungen"
Der emeritierte Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke hat Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare in der katholischen Kirche kritisiert. Bei Segnungsgottesdiensten könne "die Hoffnung, von der Kirche anerkannt zu werden, gleichberechtigt in seiner Identität und sexuellen Orientierung", amtlich nicht ausgedrückt werden, sagte Lüdecke dem Deutschlandfunk (DLF) am Donnerstag. Aufgrund des vatikanischen Verbotes, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, handle es sich bei diesen Aktionen stets um Bekundungen "persönlicher Solidarität in liturgischer Rahmung", so der Kirchenrechtler.
"Ich frage mich immer, ob das wirklich Seelsorge ist", sagte Lüdecke weiter. Er verstehe diese Feiern als "ein Als-ob-Handeln". Schließlich könnten die Betroffenen doch irgendwann merken, dass es gar nicht das sei, was sie sich wünschten, "nämlich gleichberechtigte Anerkennung". Besser wäre es, wenn Geistliche klar machten, was die katholische Lehre über Beziehungen homosexueller Paare sage. "Dann kann man sich auch als Betroffener besser dazu verhalten", so der Kirchenrechtler.
Eine Änderung der kirchlichen Lehre – beispielsweise bei der Weltsynode – erwartet Lüdecke nicht: "Genderfragen und Sexualmoralfragen sind innerkirchlich Fragen der Selbsterhaltung des Systems." Die verbindlich binäre Geschlechteranthropologie aufzugeben, brächte eine Stütze der Männerhierarchie ins Wanken, so der Kirchenrechtler. Geschlechter- und Kirchenverständnis seinen symbiotisch verwoben. Zudem müsse man sich bewusst sein, dass die katholische Sexualmoral "mit ihrer zu Recht und seit langem kritisierten Fixierung auf den strukturell fortpflanzungsoffenen Sexualakt im Kern eine heteronormative Koitalmoral" sei. Würden "etwa homosexuelle Handlungen als sittlich legitim anerkannt", bräche das kirchliche Lehrkonzept zusammen. "Dass das amtlich ansteht, kann ich überhaupt nicht erkennen", sagte Lüdecke weiter.
Kritik an deutschen Bischöfen
Progressive Äußerungen von Bischöfen sieht der Kirchenrechtler ebenfalls kritisch. Bislang habe sich schließlich kein Bischof dazu bereit gefunden gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, erklärte er. Bischöfe seien vielmehr Befehlsempfänger Roms. Sollten Bischöfe doch entgegen der römischen Weisung gleichgeschlechtliche Paare segnen, könne der Papst flexibel reagieren und sanktionieren. "Ich sehe keinen deutschen Bischof, der um seiner Glaubwürdigkeit willen hier sein Amt riskieren würde", sagte Lüdecke. Wenn Rom schon bei Ortspfarrern wie nun in Mettmann auf Sanktionen dränge, komme auch kein Bischof "ungeschoren davon". (ben)