Jerusalemer Bischof zur Hinrichtung von Islamisten in Jordanien

"Der Staat hatte das Recht dazu"

Veröffentlicht am 05.02.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Der Weihbischof von Jerusalem: William Schomali im Porträt.
Bild: © KNA
Nahost

Jerusalem ‐ Der Jerusalemer Weihbischof William Schomali verteidigt die Hinrichtung zweier verurteilter Terroristen in Jordanien. Die Regierung in Amman hatte damit auf die Ermordung des Luftwaffenpiloten Muaz al-Kasaesbeh durch den "Islamischen Staat" (IS) reagiert. Der 64-jährige Palästinenser Schomali , als Patriarchalvikar auch für Jordanien zuständig, nenn die Exekutionen eine legitime Vergeltung.

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Frage: Herr Weihbischof, bisher war die Lage in Jordanien vergleichsweise ruhig. Befürchten Sie nach der Ermordung von Muaz al-Kasaesbeh eine Verschlechterung der Lage auch in Jordanien?

Schomali: Ich glaube nicht, dass sich die Situation in Jordanien verändern wird. Jordanien beteiligt sich an der Koalition im Kampf gegen den " Islamischen Staat " in Syrien. Sie haben einen Piloten verloren, der umgebracht wurde, bei lebendigem Leib verbrannt. Das ist ein Fakt. Aber innerhalb Jordaniens sind jene, die dem IS angehören, eine kleine Minderheit. Ich denke, dass sie nach diesem Attentat geschwächt sein werden und sich nicht hervortrauen, weil sie das gleiche Schicksal haben werden.

Frage: Welches Schicksal?

Schomali: Jordanien hat als Vergeltungsmaßnahme am Mittwoch zwei Islamisten hingerichtet, weil alle Jordanien außer sich vor Wut sind über den "Islamischen Staat". Nach meiner Einschätzung führt dies zu größerer Einheit und zum Zusammenhalt der Jordanier gegen jedweden islamistischen Radikalismus, der aus Syrien einzudringen droht.

Libysche Kämpfer des Islamischen Staats.
Bild: ©picture alliance/AP Photo/Mohammad Hannon

Libysche Kämpfer des Islamischen Staats.

Frage: Sind Hinrichtungen als Racheakt aus kirchlicher Sicht vertretbar?

Schomali: Der Staat hat das Recht, die Hinrichtung als Strafmaßnahme auszusprechen. Manchmal verzögert er den Vollzug der Strafe aus humanitären Gründen. Beide Dschihadisten waren zum Tode verurteilt. Jordanien wollte sie, dem Beispiel anderer Länder folgend, nicht töten. Das ist das eine. Zum andern herrscht bei den Menschen in Jordanien eine furchtbare Wut. Es gab keine andere Möglichkeit, die Gemüter zu besänftigen, außer durch die Tötung jener, die schon früher hätten getötet werden sollen. Aus ethischer Sicht hat der Staat das Recht dazu. Die Entscheidung dazu ist im Rahmen einer Vergeltungsmaßnahme gefallen. Aber Krieg ist Krieg. Hätte der Staat nicht so gehandelt, hätte das jordanische Volk unkontrolliert seine eigene Vergeltung gesucht.

Frage: Aber steht das nicht in Widerspruch zur katholischen Ablehnung der Todesstrafe?

Schomali: Auch die kirchliche Lehre schließt die Todesstrafe als äußersten Akt nicht aus. In diesem Fall liegt eine Selbstverteidigung des jordanischen Staates vor.

Frage: Auf politischer Ebene heißt das aber auch, dass man dem "Islamischen Staat" zwei weitere Märtyrer beschert hat ...

Schomali: Man kann es auf zwei Weisen sehen. Man kann sagen, sie haben zwei Märtyrer bekommen und dies wird sie in ihrer Ideologie stärken. Das ergibt Sinn. Man kann aber auch sagen, dass es eine Warnung ist. Denn es macht Angst, zwei Gehängte zu sehen. Es kann eine Warnung sein für jene, die gleiches im Sinn hatten. Beide Thesen lassen sich vertreten. Der jordanische König hat in seiner Weisheit beschlossen, dass die beiden Dschihadisten hingerichtet werden müssen, um das Volk zu beruhigen. Es ist also mehr als ein reiner Racheakt.

„Auch die kirchliche Lehre schließt die Todesstrafe als äußersten Akt nicht aus.“

—  Zitat: William Schomali, Weihbischof von Jerusalem

Frage: Welche Aufgabe hat jetzt die Kirche in dieser veränderten Situation?

Schomali: In Jordanien wurden am Mittwochabend alle Messen für Frieden und Versöhnung, aber auch für die Familie des ermordeten Piloten gefeiert. Im Grunde gilt die Intention allen Jordaniern, denn letztlich sind alle in der gleichen Angst und Unsicherheit. Diese Entscheidung der jordanischen Bischöfe tragen wir hundertprozentig mit, nicht zuletzt, weil wir zur gleichen Diözese gehören. Gleichzeitig hat es nicht die gleichen Auswirkungen auf uns. Wir haben andere Probleme, etwa Gaza, die israelische Besatzung, die Löhne am Monatsende. Das alles hat eine größere Priorität für uns. Trotzdem hat das palästinensische Volk, Christen und Muslime, seine Solidarität mit Jordanien ausgesprochen.

Das Interview führte Andrea Krogmann (KNA)