Liechtensteiner Laien fordern Auflösung von Erzbistum Vaduz
Ein Liechtensteiner Verein katholischer Laien hat erneut die Auflösung des Erzbistums Vaduz und "ein Ende der Isolation" gefordert. "Wir möchten unbedingt wieder einen Anschluss an das Bistum Chur oder möglicherweise an das Bistum Sankt Gallen oder Feldkirch" in Österreich, sagte der Theologe Günther Boss vom "Verein für eine offene Kirche" Liechtenstein dem Kölner Portal "domradio.de" (Montag). Geografisch gesehen sei all das möglich.
In der Amtszeit des sehr konservativ agierenden Erzbischofs Wolfgang Haas habe man im Fürstentum eine beschleunigte Säkularisierung erlebt, so Boss. In den 1980er-Jahren habe es "noch ein ziemlich geschlossenes katholisches Milieu gegeben"; aber "modern, so wie die Schweizer Kirche auch aufgestellt ist". Das sei inzwischen komplett abgebrochen. 60 bis 70 Prozent der Menschen sagten laut Umfragen, sie interessierten sich nicht mehr für Kirche und sie gingen auch nicht mehr hin.
"Fast schlimmere Situation als 1997"
Boss sprach von "einer fast schlimmeren Situation als 1997". Heute habe man zur Zukunft des Bistums "überhaupt keine wirklich offiziellen Informationen bekommen"; das sei "eine ganz unheimliche Situation". Man habe kein Domkapitel und keine althergebrachten Rechte und damit auch kein Mitspracherecht. Ein Nachfolger für Haas werde einzig und allein durch den Heiligen Stuhl eingesetzt.
"Nur das Konservative allein" sei nicht das Problem mit Haas, erläuterte der Theologe. Doch der Erzbischof habe keinerlei Managementqualitäten, könne nicht organisieren und agiere gegenüber den Medien sehr ungeschickt bzw. gar nicht. Bekannt sei das Erzbistum Vaduz dafür, dass Priesteramtskandidaten, die in ihren Diözesen im deutschsprachigen Raum oder in Frankreich abgelehnt wurden, dann in Liechtenstein ausgebildet und geweiht und als Priester des Erzbistums Vaduz wieder zurück in ihre Heimatbistümer geschickt würden. Gleichzeitig gebe es praktisch keine Berufungen mehr aus Liechtenstein selbst.
Unterdessen will die Regierung in Liechtenstein die Sonderstellung der katholischen Kirche als Staatskirche ("Landeskirche") beenden und für andere Religionen rechtlich nachbessern. Beim geplanten neuen Staatskirchenrecht gehe es im Kern nicht darum, die katholische Kirche schlechter-, sondern die anderen Religionen besserzustellen, sagte der Regierungschef des Fürstentums, Daniel Risch, im Interview des "Domradios" (Montag).
Liechtenstein sei seit Jahrhunderten ein katholisch geprägtes Land, so Risch; und mit einem Katholiken-Anteil von 70 Prozent sei das auch heute noch so. Allerdings habe sich in den vergangenen Jahrzehnten gesamtgesellschaftlich einiges bewegt; auch die Rolle der katholischen Kirche habe in den vergangenen 20 Jahren "ein Stück weit abgenommen". Gesetzlichen Handlungsbedarf gebe es vor allem dort, wo andere Religionsgemeinschaften bislang nicht staatlich anerkannt werden könnten. Dies müsse man neu regeln.
Kein Konkordat angestrebt
Ein Konkordat [Staat-Kirche-Vertrag] mit dem Heiligen Stuhl strebt der Regierungschef für den Fall einer kompletten Trennung von Kirche und Staat nicht an. Ein solcher völkerrechtlicher Vertrag stellte keinen Mehrwert dar, so Risch. Alle Inhalte seien schon jetzt im Liechtensteiner Gesetzesvorschlag bzw. auf der Verwaltungsebene zu finden. Es werde ja auch nicht das Verhältnis mit der katholischen Kirche neu geregelt, sondern das Verhältnis zu den anderen Religionsgemeinschaften. Diese sollten mehr Bedeutung erhalten.
Zur Diskussion um die Zukunft des Erzbistums Vaduz nach dem 75. Geburtstag von Haas an diesem Montag (7. August) sagte Risch, er gehe davon aus, dass der Heilige Stuhl zu gegebener Zeit einen neuen Erzbischof ernennen werde. Er habe keine Informationen, dass das Erzbistum wieder ins Schweizer Bistum Chur eingegliedert werden solle. Der Vatikan hatte das sehr kleine Erzbistum Vaduz 1997 eigens ausgegliedert, um den in Chur stark umstrittenen Haas dort hinzubefördern. (tmg/KNA)