Erfurter Theologin Mack plädiert für "Nordisches Modell"

Sozialethikerin: Prostitution einschränken, Freier bestrafen

Veröffentlicht am 12.08.2023 um 10:43 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Deutschland habe 2001 die Bordellwirtschaft legalisiert – gegen internationale Standards, kritisiert die Sozialethikerin Elke Mack. Sie spricht sich für das "Nordische Modell" aus. Wichtig sei, dass Prostituierte selbst nicht stigmatisiert würden.

  • Teilen:

Die Erfurter Sozialethikerin Elke Mack spricht sich dafür aus, Prostitution in Deutschland einzuschränken und Freier als Täter zu bestrafen. "Wir wollen die Männer, die sich herausnehmen, gegen Geld asymmetrischen und einseitigen Sex zu kaufen, davon abhalten", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag). In Frankreich etwa gebe es verpflichtende Schulungen für straffällige Freier, um sie nach der Zahlung ihrer Strafe zu belehren, wie stark Frauen durch Prostitution verletzt würden.

Die Professorin für Christliche Sozialwissenschaften und Christliche Sozialethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Erfurt sprach sich für das sogenannte Nordische Modell aus, das etwa in Schweden und Norwegen gelte, aber auch in Frankreich und Israel: "In den Ländern, die das Nordische Modell praktizieren, ist der Sexkauf stark zurückgegangen, es gibt keinen Menschenhandel und kaum einen Mord an Prostituierten mehr."

Entgegen internationalen Standards und Empfehlungen habe Deutschland 2001 die Bordellwirtschaft legalisiert, kritisierte Mack: "Damit sind wir einer von wenigen Staaten weltweit. Die Sexindustrie ist über die Jahre förmlich explodiert. Es ist ein logischer Fehlschluss, dass man die Würde von Prostituierten so gewährleisten könne. Laut Sicherheitsbehörden arbeiten 95 Prozent der Frauen dort nicht freiwillig." In den meisten Fällen sei Prostitution mit schweren Menschenrechtsverletzungen verbunden, fügte die Ethikerin hinzu: "Mediziner berichten von grausamen Verletzungen, von chronischen Erkrankungen und sehr vielen schweren körperlichen Schäden. Die Sterblichkeit von Prostituierten ist sehr viel höher als in der Normalbevölkerung."

Sexistisches und rassistisches System

Das System sei sexistisch und oft auch rassistisch. Fast alle Prostituierte seien Frauen, viele aus sehr armen Verhältnissen, die meisten Ausländerinnen, so Mack weiter: "Warum soll es in Deutschland ein Gewerbe geben, in dem Gewalt ungeahndet möglich ist? Und in dem Freier denken, sie haben das Recht, die Frauen zu vergewaltigen?"

Wichtig sei ihr, dass Prostituierte selbst nicht stigmatisiert und bestraft würden. In vielen Staaten habe sich schon längst das Bewusstsein herausgebildet, dass Prostitution fundamentale Rechtsverletzungen nach sich ziehe. In Deutschland aber gebe es eine besonders große Angst vor einem paternalistischen Staat: "Wir werten die Freiheit und Autonomie des Menschen sehr hoch. Aber wir denken dann nicht darüber nach, ob sie tatsächlich während des sexuellen Aktes gewährleistet ist."

Mit Blick auf politische Vorstöße gegen ein Sexkaufverbot ergänzte Mack, sie setze eher auf Karlsruhe. Dazu müsse aber zumindest ein Viertel der Mitglieder des Bundestags den Mut haben, eine Normenkontrollklage an das Bundesverfassungsgericht zu richten. (KNA)