Designierter Kardinal Ryś: Kirche darf keine Politik machen, aber...
Der designierte Kardinal und Erzbischof von Łódź, Grzegorz Ryś, hat davor gewarnt, sich als Kirche in die Tagespolitik einzumischen. Die Kanzel sei nicht dazu da, Politik zu machen, sagte Ryś der staatlichen polnischen Nachrichtenagentur "Polska Agencja Prasowa" (PAP) am Sonntag. Er fügte hinzu, dass er als Geistlicher, wie alle Bürger, das Recht habe, bei Wahlen nach seinen Überzeugungen abzustimmen.
Es sei inakzeptabel, wenn Geistliche ihre eigenen politischen Ansichten kundtäten, so der Erzbischof: "Ein Priester oder Bischof feiert später die Messe mit diesen Menschen und nimmt ihnen die Beichte ab. Er kann nicht eine Mauer politischer Ansichten vor jemandem errichten, der später zu ihm zur Beichte kommen will", so Ryś. "Hier ist eine weitreichende Zurückhaltung der Priester notwendig", fügte er hinzu.
Ryś erklärte, dass die Kirche nur dann das Recht habe, sich zu politischen Fragen zu äußern, wenn es um deren moralischen Aspekt gehe. "Ein Beispiel für eine solche Aussage war die des Erzbischofs von Canterbury (Justin Welby), der die Entscheidung der britischen Regierung gegenüber Migranten offen kritisierte", sagte Ryś. Dabei sei es jedoch nicht um Politik, sondern um eine moralische Bewertung politischer Handlungen gegangen, so Ryś.
Katholische Positionen in Erinnerung rufen
So sei es auch, wenn Geistliche sich kritisch gegenüber der politischen Liberalisierung des Schwangerschaftsabbruchs positionieren würden. Es sei keine "Einmischung in die Politik, wenn Geistliche während des Wahlkampfes an die Lehre der Kirche zur Frage der Abtreibung erinnern", so Ryś. "Es gibt bestimmte Kriterien, die in Erinnerung gerufen werden, aber am Ende wägt der Mensch selbst in seinem Gewissen ab, trifft selbst die Entscheidung und gibt selbst seine Stimme ab."
Im Wahlkampf – wie er in Polen gerade begonnen hat – sei es wichtig, dass die Kirche nicht selbst spalte oder gesellschaftliche Spaltungen vertiefe. "Die Kirche ist dazu da, Einheit zu schaffen", so der Erzbischof.
Ein Vorbild für die Kirche sei der Umgang des Papstes mit politischen Akteuren, sagte Ryś: "Wenn der Papst in ein Land kommt, trifft er sich mit Politikern – manchmal sogar mit Politikern, die wir nicht treffen wollen – und führt einen Dialog mit ihnen." Bei den päpstlichen Liturgien komme es dann jedoch nicht vor, dass Politiker sprächen. Daran sollten sich auch Bischöfe und Priester ein Beispiel nehmen. Würden Politiker bei einer Feier etwas sagen wollen, solle dies weit vor oder nach der Liturgie passieren. "Und sicher nicht im Altarraum, das Mikrofon sollte irgendwo an der Seite aufgestellt werden." (ben)