Kirchenstaat soll internationale Verpflichtungen einhalten

Missbrauchsbetroffene bitten Vereinte Nationen um Hilfe gegen Vatikan

Veröffentlicht am 04.10.2023 um 11:06 Uhr – Lesedauer: 

Genf ‐ Missbrauchsbetroffene aus dem Raum der Kirche wollen den Vatikan mit Hilfe der Vereinten Nationen zu einem stärkeren Einsatz gegen Missbrauch drängen. Dazu sind sie zur laufenden Sitzung des UN-Menschenrechtsrates nach Genf gereist.

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Betroffene von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche wollen den Vatikan mit Hilfe der Vereinten Nationen zu einem stärkeren Einsatz gegen Missbrauch drängen. Wie unter anderem das Internetportal swissinfo.ch am Dienstag berichtete, sind Vertreter des internationalen Zusammenschlusses "Ending Clergy Abuse" (ECA) nach Genf gereist, um im Rahmen der laufenden Sitzung des UN-Menschenrechtsrates Gespräche mit dem UN-Kinderrechtsausschuss, dem Ausschuss gegen Folter und Vertretern der Mitgliedsstaaten zu führen. Ziel der Gespräche sei es, den Vatikan über die Vereinten Nationen zur Einhaltung seiner internationalen Verpflichtungen zu zwingen.

Der Missbrauch sei eine Pandemie, die aufhören müsse, sagte ECA-Gründer Adalberto Mendez gegenüber Reportern in Genf. Und weiter: "Es ist ein riesiges Problem, ein Menschenrechtsproblem, nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt." Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit würden nicht ausschließlich in Kriegen begangen. "Im Fall der Misshandlung durch Geistliche in Kanada handelt es sich eindeutig um Völkermord", so Mendez. Zudem habe man in Kolumbien vielleicht den ersten konkreten Fall von Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch eine kirchliche Einrichtung und eine Gruppe von Priestern gesehen.

ECA kündigte zudem an, den Internationalen Gerichtshof in Den Haag um eine Analyse des rechtlichen Status des Heiligen Stuhls zu bitten. Außerdem wolle man erreichen, dass der Internationale Strafgerichtshof bestimmte Fälle aufgreife. Die ECA-Vertreter werden dem Bericht zufolge von zahlreichen Missbrauchsopfern aus verschiedenen Ländern begleitet. Unter anderem soll ein Betroffener aus Argentinien zu der Delegation gehören, der dem neuen Leiter des vatikanischen Glaubensdikasteriums, dem argentinischen Kardinal Victor Fernandez, vorwirft, den Täter geschützt zu haben. Fernandez war am vergangenen Wochenende im Vatikan zum Kardinal ernannt worden. (stz)