Seenotrettungs-Aktivist Casarini verteidigt bei Synode sein Handeln
Der italienische Flüchtlingsretter und Teilnehmer der Weltsynode im Vatikan Luca Casarini hat am Mittwoch Stellung zu Ermittlungen gegen ihn genommen. Er verstehe den Vorwurf der Beihilfe zur illegalen Einwanderung nicht, sagte der 56-jährige Einsatzleiter auf einem zivilen Rettungsschiff im Mittelmeer. Für ihn sei kein Mensch illegal.
Ermittelt worden sei gegen ihn, weil er 38 Menschen gerettet habe, die seit 38 Tagen auf dem Meer trieben. Darunter sei auch ein Mädchen gewesen, das vor der Abreise von fünf libyschen Wachleuten vergewaltigt worden sei und wochenlang keine medizinische Versorgung gehabt habe. "Habe ich ein Verbrechen begangen? Verhaftet mich; ich bin froh, dass ich es getan habe", so Casarini vor Medienschaffenden im Vatikan.
Casarini ist der einzige Vertreter einer nichtkirchlichen Hilfsorganisation, der an der derzeit tagenden Weltsynode der katholischen Kirche im Vatikan teilnimmt. Seit fünf Jahren arbeitet er für die italienische Organisation "Mediterranea Saving Humans", die in Seenot geratene Migranten zu retten versucht. Papst Franziskus hatte ihn persönlich zum "Besonderen Abgesandten" berufen. Als solcher nimmt er mit Rederecht, aber ohne Stimmrecht an der vierwöchigen Versammlung teilnehmen.
Migranten-Rettung habe sein Leben verändert
Casarini war in den 90er Jahren in der Hausbesetzer-Szene aktiv. Als Anführer der "Tute Bianche" war er einer der Vorkämpfer bei den Protesten gegen den Gipfel der acht führenden Industrienationen 2001 in Genua. Bei den teils gewalttätigen Demonstrationen, die von der italienischen Polizei mit großer Härte bekämpft wurden, wurde damals ein Demonstrant von einem Polizisten erschossen; es gab mehr als 500 Verletzte. Über einen Zeitraum von insgesamt acht Jahren habe er wegen der Vorfälle in Genua vor Gericht gestanden, sagte der Italiener am Mittwoch. Er sei in allen drei Instanzen von allen Anklagepunkten freigesprochen worden.
Die Rettung von Migranten auf dem Mittelmeer habe ihn und sein Leben verändert, erzählt er zudem. Er fühle sich privilegiert. "In einer Welt, in der es einen Wettbewerb darum gibt, wer die meisten Menschen tötet, und die von Hass beherrscht wird, ist die Rettung eines Lebens, die Umarmung von Geschwistern mitten auf dem Meer ein unendliches, lebensveränderndes Geschenk."
Bei seiner Arbeit habe er auch zu Gott gefunden, bei einem großen Sturm auf See plötzlich zu beten begonnen: "Mein Gott, hilf mir!". Gott begegne ihm in seiner Arbeit mit Migranten, in der Liebe und der Erkenntnis von Geschwisterlichkeit mitten im Hass. Seine kleinen Erfahrungen bringe er nun in die Beratungen der Synode ein. Zudem erfahre er selbst sehr viel von den anderen Teilnehmenden. Das bereichere ihn mit jedem Tag mehr. (KNA)