Bischof Voderholzer kritisiert EKD-Papier zu Abtreibungen
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat sein Bedauern über die jüngste Positionierung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für eine mögliche Liberalisierung des Abtreibungsrechts geäußert und vor einem Schaden für die Ökumene gewarnt. "Als Christen wären wir herausgefordert, der säkularen Mehrheit in unserem Land die Botschaft von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen in all ihren Facetten darzulegen und so gemeinsam Anwalt für das Menschsein und für das gottgewollte Leben zu sein. Leider erleben wir aber, dass sich gerade in diesem Bereich die Konfessionen immer mehr voneinander auseinanderbewegen", schreibt Voderholzer in einem am Montag veröffentlichten Kommentar für die evangelische Nachrichtenagentur "idea". Die Stellungnahme der EKD erschwere die Ökumene gerade auf einer Ebene, wo sie leicht möglich wäre.
Der Rat der EKD hatte sich in einem in der vergangenen Woche veröffentlichten Positionspapier offen dafür gezeigt, Abtreibungen unter bestimmten Bedingungen künftig außerhalb des Strafrechts zu regeln. Dem Rat gehe es "um den größtmöglichen effektiven Schutz des Lebens nicht gegen die Rechte der Frau, sondern durch deren Stärkung", erklärte die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus. Man wolle einen Impuls für eine sachliche Debatte zu einer Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs geben. Eine "vollständige Entkriminalisierung" sei allerdings nicht vertretbar. Zudem spricht sich der EKD-Rat für eine verpflichtende Beratung vor einer möglichen Abtreibung aus.
Kommission soll Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs prüfen
Im Auftrag der Bundesregierung hate Ende März eine Kommission von 18 Fachleuten aus Medizin, Recht und Ethik ihre Arbeit aufgenommen. Das Gremium soll eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts prüfen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte mehrfach erklärt, sie sei der Meinung, dass Abtreibungen außerhalb des Strafrechts geregelt werden sollten. Laut Paragraf 218 ist ein Schwangerschaftsabbruch bislang grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen; zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Voderholzer schreibt bei idea, dass man sich "gerade im ethischen Bereich" lange darauf habe verlassen können, als Christen mit einer Stimme zu sprechen. Während Lehrfragen wie das Eucharistie- und Abendmahlsverständnis das "schmerzhaft Trennende" sichtbar machten, könnten Christen getragen vom Fundament der Heiligen Schrift bei Fragen wie dem "sogenannten 'Recht auf Abtreibung' oder der ethischen Bewertung verschiedener Formen der Reproduktionsmedizin" ein gemeinsames Zeugnis geben. Trotz des EKD-Votums wolle er weiterhin versuchen, mit ökumenischen Partnern der evangelischen und der orthodoxen Glaubensgemeinschaften und Kirchen alles gemeinsam zu tun, "um ein gutes Fundament für ein gemeinsames, vom Gebet getragenes Ringen um die Wahrheit in den strittigen Fragen zu legen und zu erhalten", so der Regensburger Bischof.
Voderholzer verteidigt Teilnahme am "Marsch für das Leben"
In seinem Text verteidigte Voderholzer zudem erneut seine Teilnahme am "Marsch für das Leben" in Berlin. Er nehme seit 2015 jedes Jahr an der Veranstaltung teil, weil er es für seine staatsbürgerliche Pflicht halte, "motiviert und getragen von meiner christlichen Überzeugung von der Würde des Menschen als Abbild Gottes, meine Stimme denjenigen zu leihen, die nicht für sich selbst sprechen können: Ungeborenen und teilweise Kranken, Behinderten und Sterbenden". Er schätze den "Marsch für das Leben" auch deshalb so sehr, weil er ökumenisch sei: "Ich treffe dort Christen anderer Konfessionen, mit denen ich gemeinsam Zeugnis ablegen kann für die bedrohte, 'unantastbare Würde' eines jeden Menschen."
Nach dem diesjährigen "Marsch für das Leben" hatte ein im Internet verbreitetes Bild für Wirbel gesorgt, auf dem in der Nähe Voderholzer ein junger Mann zu sehen war, der mit seiner Hand einen rassistischen Gruß formte. Das Bistum Regensburg distanzierte sich nach der Veranstaltung "ausdrücklich von diesem Foto". Weiter erklärte das Bistum: "Unser Bischof Dr. Voderholzer würde niemals an der Seite von Rechtsradikalen laufen. Wir werden gegen dieses Foto auch vorgehen. Das Foto entstand ohne unser Wissen." Leider mischten sich unter die friedlichen Teilnehmer auch Menschen mit unredlichem Gedankengut, das man "in keinster Weise" toleriere. Die Diözese äußerte zudem die Vermutung, dass sich der junge Mann womöglich bewusst an Voderholzer herangeschlichen habe, "um dadurch den Ruf des Bischofs zu schädigen". (stz)