Die Chrisammesse - Aufbauend und stärkend
Ursprünglich am Gründonnerstag, heute meist an einem früheren Tag der Karwoche, feiert der Bischof der Diözese mit der Chrisammesse einen besonderen Gottesdienst, in dem er die heiligen Öle für sein Bistum weiht. Daran nehmen viele Priester des Bistums teil, denn ihres Amtes wird an diesem Tag besonders gedacht. Im Interview mit katholisch.de erläutert Liturgiewissenschaftler Jürgen Riegel, was es mit dieser Liturgie auf sich hat.
Frage: Pater Riegel, welche Bedeutung hat die Chrisammesse?
Jürgen Riegel: Die Chrisammesse hat ihren Namen vom Öl, das in ihr geweiht wird. Das Chrisam ist das erste und wichtigste Öl. Damit wird in dieser Liturgie etwas in den Mittelpunkt gerückt, das in besonderer Weise das Gottesvolk aufbaut. Das zeigt sich in all den verschiedenen Momenten, in den das Chrisam eine Rolle spielt. Christen werden bei ihrer Taufe mit dem Chrisam gesalbt, sie werden bei ihrer Firmung mit dem Chrisam gesalbt als Zeichen dafür, dass Sie mit dem Heiligen Geist besiegelt werden, und auch die Hände der Priester werden bei ihrer Weihe mit dem gleichen Öl gesalbt. Übrigens auch der Altar bei der Weihe einer neuen Kirche.
Auch in der Weihe der beiden anderen Öle kommt etwas zum Vorschein, das die Kirche aufbaut und stärkt. Die Katechumenen, die sich auf die Taufe vorbereiten, werden mit dem Katechumenenöl gestärkt und schwer erkrankte Gläubige erhalten Stärkung und Aufrichtung durch die Salbung mit dem Krankenöl. All diese Momente, in denen die heiligen Öle eine Rolle spielen, sind wesentliche Momente für das Leben der Kirche.
Durch die Weihe dieser Öle hat die Chrisammesse ihre besondere Bedeutung. Darüber hinaus aber erhält die Chrisammesse auch eine besondere Bedeutung durch die Betonung des Dienstes der Priester, die mit ihrem Bischof gemeinsam diese Messe feiern.
Frage: Wie hat sich dieser Ritus der Weihe der heiligen Öle historisch entwickelt?
Riegel: Er stammt aus der stadtrömischen Liturgie des siebten und achten Jahrhunderts und ist von dort aus zu uns "eingewandert". Ein Pontifikale des zehnten Jahrhunderts spricht dann von zwei voneinander unabhängigen Gottesdiensten am Gründonnerstag: Ein Gottesdienst vom letzten Abendmahl und ein anderer Gottesdienst von der Weihe der heiligen Öle. Ursprünglich war das ein Gottesdienst in zwei Teilen. Die erste Hälfte haben alle gemeinsam mit dem Papst gefeiert. Anschließend sind die Priester in die Titelkirchen der Stadt , also in ihre Pfarrkirchen zurückgekehrt und haben dort die Messe "weitergefeiert", in Erinnerung an die Einsetzung der Eucharistie.
Frage: In einem Rundschreiben der vatikanischen Kongregation für die Gottesdienste heißt es, dass die gemeinsame Feier der Messe durch den Bischof und die Priester auch ein Ausdruck ihrer Verbundenheit sein soll. Außerdem erneuern die Priester in diesem Gottesdienst ihr Weiheversprechen. Können Sie das erklären?
Riegel: In diesem Punkt zitiert das Rundschreiben das Messbuch selbst. Die Verbundenheit der Priester mit ihrem Bischof kommt durch die Konzelebration selbst zum Ausdruck. An keiner anderen Gelegenheit des Jahres erfolgt in ähnlicher Weise eine Einladung an alle Priester, an der Messe des Bischofs teilzunehmen.
Dadurch geben Bischof und Priester ein Bild der Kirche, die alle Lebensformen und alle ihre Glieder umfasst. Eine italienische Theologin hat die Kirche einmal als den "gesalbten Leib Christi" bezeichnet. So, wie alle Gläubigen bei ihrer Taufe und Firmung die Salbung empfangen haben, so haben auch die Priester bei ihrer Weihe eine Salbung der Hände empfangen.
Das Weihegedächtnis findet in der Chrisammesse statt, weil die Texte der Messe besonders das Priesteramt zum Ausdruck bringen. An diesem Tag und bei dieser Gelegenheit betet der Bischof für seine Priester, vor allen Dingen in der Präfation des Hochgebetes. Die Lesungen sprechen von nichts anderem als vom Priestertum. Es gibt eine Fülle von Anspielungen in dieser Messe, die auf das besondere Priestertum des Dienstes hinweisen. Aber eben auch auf das, was das besondere Priestertum des Dienstes für das gesamte Volk sein und tun soll.
Frage: Wieso wird diese besondere Messe nur einmal im Jahr am Gründonnerstag gefeiert?
Riegel: Die Ostertage sind der Erneuerung des gesamten Gottesvolkes gewidmet. In der Osternacht erneuern die Gläubigen ihr Taufversprechen. So ist es nur angemessen, dass es für das besondere Priestertum in unmittelbarer Nähe zu den drei österlichen Tagen einen Tag und eine Messe gibt, in der die Priester ihren Dienst in besonderer Weise erneuern können. Und zudem an demselben Tag, an dem wir an die Einsetzung der Eucharistie erinnert werden.