Kirche schaltet sich ein: Vater von Fußball-Star weiter in Geiselhaft
Ein solcher Sonntag war selbst für kolumbianische Verhältnisse ungewöhnlich dramatisch: Erst rief die bekannte Kolumnistin Maria Jimena Duzan den linksgerichteten Präsidenten Gustavo Petro auf, seine Drogenprobleme öffentlich zu machen, wenn es die gäbe: "Herr Präsident, wenn Sie ein Suchtproblem haben, fordere ich Sie höflich auf, es offenzulegen. Sucht ist ein Gesundheitsproblem, das viele Kolumbianer betrifft, und es ist weder eine Sünde noch ein moralisches Versagen, das zu akzeptieren", schrieb Duzan im Magazin "Cambio". Petro reagierte darauf mit dem Kommentar, die einzige Sucht, die er habe, sei ein Kaffee am Morgen.
Wenig später poppten Eilmeldungen auf den Handys der Kolumbianer auf, die sogenannten Dissidenten der Guerillaorganisation FARC setzten den Friedensdialog mit der Regierung mit sofortiger Wirkung aus. Der bilaterale Waffenstillstand soll allerdings weiter gelten.
FARC setzt Gespräche aus
Konkret werfen die FARC-Dissidenten der Regierung vor, sich nicht an Absprachen gehalten zu haben. Die Rebellengruppe, die aus ehemaligen oder neu hinzugewonnenen Kämpferinnen der ehemaligen FARC-Guerilla besteht, die 2016 einen Friedensvertrag mit der Regierung abschloss, beschwerte sich über die Militärpräsenz in dem Gebiet. "Das Militär sollte die Gebiete wie versprochen verlassen", heißt es in der Erklärung. Die Antwort sei aber eine Verstärkung der Militärpräsenz, die alle Gebiete besetze, die die Parteien zu räumen versprochen haben.
Und am Abend kamen dann – statt der erhofften Meldung über die Freilassung des seit über einer Woche entführten Vaters von Fußballnationalspieler Luis Diaz – ernüchternde Nachrichten: Luis Manuel Diaz bleibt weiter in der Gewalt der ELN, der zweitgrößten Rebellengruppe des Landes. Die Guerilla bemängelt, dass die Provinz La Guajira, in der Diaz entführt wurde, militarisiert sei. Unter anderem hatte Friedenskommissar Danilo Rueda in Aussicht gestellt, Diaz werde in Kürze freigelassen.
„Wir stellen uns der Guerilla zur Verfügung, wenn sie unsere Präsenz benötigt.“
Sohn Luis Diaz (26), der für den FC Liverpool spielt, hatte am Sonntag nach seinem späten Ausgleichstreffer beim 1:1 bei Luton Town ein T-Shirt mit der Aufschrift "Freiheit für Papa" unter dem Trikot freigelegt. Im Namen des Mitgefühls" appellierte er, seinen Vater unverzüglich freizulassen "und diesem schmerzhaften Warten ein Ende zu setzen". Doch genau das geht nun weiter.
Für die Regierung Petro ist das ein herber Rückschlag. Der Fall wird zunehmend zum Politikum: "Die ELN ist für das Leben des Vaters von Luis Diaz verantwortlich. Diese Tat ist gegen den Friedensprozess selbst gerichtet", wurde der Präsident am Wochenende in kolumbianischen Medien zitiert.
Appell der Kirche
Regierung und ELN hatten sich vor Wochen auf einen Waffenstillstand geeinigt. Inzwischen müssen die Offiziellen feststellen, dass es der ELN-Kommandostruktur offenbar nicht gelingt, die Waffenruhe durchzusetzen – oder dass sie das womöglich gar nicht will. Laut dem rechtsgerichteten Portal RCN beklagten ELN-Vertreter, sie verfügten nicht über Finanzmittel oder Einnahmen. Das kann durchaus als Lösegeldforderung interpretiert werden.
Die Kirche in Kolumbien ist im Rahmen des Friedensprozesses Vermittlerin und Beobachterin. Der Vorsitzende der Kolumbianischen Bischofskonferenz, Kardinal Luis Jose Rueda, verurteilte laut dem Sender Caracol jede Form von Geiselnahme. Auch die Kirche appellierte an die ELN, Luis Manuel Diaz freizulassen.
Bischof Francisco Ceballos aus der nördlichen Diözese Riohacha – zu der auch die Provinz La Guajira gehört, in der Diaz entführt wurde – , stellt die Seriosität der ELN-Friedensabsichten generell in Frage. Gleichwohl bot der Bischof weiter an zu helfen: "Wir stellen uns der Guerilla zur Verfügung, wenn sie unsere Präsenz benötigt."