Bischof: "Als ich ihn umarmte, fing er an zu weinen"

Erfolg für die Kirche – Entführter Vater von Fußball-Star freigelassen

Veröffentlicht am 10.11.2023 um 11:16 Uhr – Von Tobias Käufer (KNA) – Lesedauer: 

Bogota ‐ Spektakulärer Verhandlungserfolg für die katholische Kirche: Ihr kommt auch nach dem glücklichen Ende des Geiseldramas um den verschleppten Vater von Fußball-Profi Luis Diaz eine Schlüsselrolle im Friedensprozess in Kolumbien zu.

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Es kommt nicht oft vor, dass ein X-Eintrag der Kolumbianischen Bischofskonferenz binnen weniger Stunden auf 250.000 Abrufe kommt. Aber diese beiden Bilder verbreiteten sich in Windeseile: Luis Manuel Diaz, Vater des Fußball-Nationalspielers Luis Diaz (Foto oben) vom englischen Premier League-Klub FC Liverpool und fast 13 Tage lang in der Gewalt der ELN-Guerilla, in Freiheit und an der Seite von Bischof Francisco Ceballos aus der örtlichen Diözese Riohacha und Prälat Hector Fabio Henao, zuständig für die Beziehungen zwischen Staat und Kirche. Das war am Donnerstagmittag (Ortszeit) die optische Bestätigung der Nachricht, auf die ganz Kolumbien gewartet hatte.

"Als ich ihn umarmte, fing er an zu weinen und bedankte sich bei mir, aber ohne viele Worte. Es war mehr das Gefühl, sich frei zu fühlen und Leute zu sehen, die er kannte", beschrieb Bischof Ceballos der Zeitung "El Tiempo" den Moment der Übergabe. Diaz sei sehr erschöpft gewesen, da er in den vergangenen Tagen lange Strecken zu Fuß habe zurücklegen müssen. "Wir freuen uns über die Nachricht von der sicheren Rückkehr von Luis' Vater und danken allen, die sich für seine Freilassung eingesetzt haben", teilte der FC Liverpool erleichtert mit.

"Nichts, was die Entführung eines Menschen rechtfertigt"

"Es gibt nichts, überhaupt nichts, was die Entführung eines Menschen rechtfertigt. Sie führt zu enormen Schäden für die entführte Person, seine Familie und das kollektive Bewusstsein eines ganzen Landes", schrieb der Vizepräsident der Bischofskonferenz, Erzbischof Omar Sanchez Cubilllos von Popayan, nach dem glücklichen Ende des Geiseldramas. Die Plage der Entführungen müsse endlich aus Kolumbien verschwinden. Laut nationaler Polizei hat die ELN-Guerilla derzeit noch 32 Menschen als Geiseln in ihrer Gewalt.

"Es lebe die Freiheit, es lebe der Frieden", kommentierte der unter Druck geratene linksgerichtete Staatspräsident Gustavo Petro die Nachricht von der Freilassung; er sprach nach dessen Freilassung telefonisch mit Diaz. Damit hat der auch aus Deutschland vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützte Friedensprozess mit der ELN-Guerilla erst einmal überlebt.

„Es gibt nichts, überhaupt nichts, was die Entführung eines Menschen rechtfertigt. Sie führt zu enormen Schäden für die entführte Person, seine Familie und das kollektive Bewusstsein eines ganzen Landes.“

—  Zitat: Erzbischof Omar Sanchez Cubilllos

Die Freilassung ist ein spektakulärer Erfolg für die katholische Kirche in dem konfliktbeladenen Land, der nicht nur das Image, sondern auch das gesellschaftspolitische Gewicht der Kirche aufwertet. "Die Kirche war Architektin der Freilassung von Luis Diaz' Vater", kommentierte das Nachrichtenmagazin "Semana" am Donnerstag.

In dem ins Stocken geratenen Friedensprozess kann das noch sehr wertvoll werden; denn die Kirche sitzt mit am Tisch, wenn die ELN-Guerilla und die FARC-Dissidenten mit dem Staat verhandeln. Als neutrale Beobachterin, als Vermittlerin und - wenn die Dinge so richtig aus dem Ruder laufen wie im Fall Diaz – auch als Anlaufstelle, die von allen Seiten respektiert wird. Laut lokalen Medienberichten wandte sich die ELN-Guerilla an die Kirche, um Diaz zu übergeben. Für die Rebellen waren der politische Preis, der moralische Druck und der Imageverlust angesichts weltweiter Berichterstattung zu groß geworden. Sie mussten das Problem lösen.

Kirche ein ständiger Begleiter am Verhandlungstisch

Prälat Henao, der Diaz im Empfang nahm und bei allen Friedensverhandlungen mit der Regierung mit am Tisch sitzt, beschrieb die Aufgabe der Kirche in einem Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vor der Entführung so: "Mit der ELN-Guerilla wurde vereinbart, dass die Kirche ein ständiger Begleiter am Verhandlungstisch und jener Prozesse ist, die sich aus dem Friedendialog ergeben. Das bedeutet, dass wir und die Vereinten Nationen die Rolle haben, Zeuge des Prozesses zu sein. Ein Bewahrer der Vereinbarungen und ein Vermittler, wenn der Dialog es erfordert. Das heißt, wir können auch während des Dialogs das Wort ergreifen oder Themen selbst ansprechen."

Für die Familie von Luis Manuel Diaz ist das Zittern um den Vater nun zu Ende. Sohn Luis wird nach dem Wochenende nach Kolumbien reisen, denn es stehen in der anstehenden Länderspielpause die WM-Qualifikationsspiele in Südamerika an. Dann wird er auch seinen Vater wieder in die Arme schließen. Ob die Eltern weiter in Kolumbien bleiben wollen, ist noch nicht bekannt.

Von Tobias Käufer (KNA)