Auch Auswirkungen auf Familien werden untersucht

Missbrauchsstudie für Bistum Augsburg startet dieses Jahr

Veröffentlicht am 15.11.2023 um 12:26 Uhr – Lesedauer: 

München/Augsburg ‐ Im Januar hatte das Bistum Augsburg angekündigt, eine eigene Missbrauchsstudie auf den Weg bringen zu wollen. Jetzt ist klar: Noch in diesem Jahr wird die Datenerhebung starten. Der Fokus der Untersuchung unterscheidet sich dabei von anderen Studien.

  • Teilen:

Die geplante Missbrauchsstudie für das Bistum Augsburg soll noch dieses Jahr beginnen. Das teilte die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) am Mittwoch mit. Die Erhebung "Sexualisierte Gewalt an Minderjährigen im Kontext der katholischen Kirche im Bistum Augsburg" werde vom LMU-Department Psychologie verantwortet. Der Untertitel laute: "Psychische Belastung im Lebensverlauf, interpersonelle Faktoren und transgenerationale Effekte". Die Studie solle nicht nur die Auswirkungen sexualisierter Gewalt im Leben der Betroffenen untersuchen, sondern auch Auswirkungen auf deren Familien.

Zur Zielgruppe des Projekts erklärte die LMU: Angesprochen seien alle Personen, die im Bistum Augsburg in ihrer Kindheit oder Jugend im Alter von bis zu 21 Jahren sexuelle Belästigung, Missbrauch oder Gewalt im kirchlichen Umfeld oder durch Geistliche, Ordensleute oder Laien in der Gemeinde erfahren hätten.

Das Forschungsprojekt wurde von der Unabhängigen Aufarbeitungskommission und dem Unabhängigen Betroffenenbeirat im Bistum Augsburg initiiert, wie es weiter hieß. Beide Gremien begleiten die wissenschaftliche Erhebung demnach. "Die gewonnenen Ergebnisse werden unabhängig davon, wie sie ausfallen, frei zugänglich veröffentlicht", so die Uni.

Bischof Bertram Meier spricht bei einem Empfang
Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht

"Dass die Sichtweise der Betroffenen in dieser Studie im Mittelpunkt stehen soll, dass die Betroffenenvertreter und -vertreterinnen sogar den Ansatz der Studie mitentwickelt haben, ist ein gutes Beispiel wirklicher Partizipation", erklärte der Augsburger Bischof Bertram Meier.

Das Untersuchungsdesign folge einem partizipativen Ansatz. Das bedeute, dass Betroffene – vertreten durch den Betroffenenbeirat – und Forschende die Studie gemeinsam entwickelt hätten. Wenn die Betroffenen jeweils zustimmten, würden auch Partnerinnen und Partner, erwachsene Kinder oder andere Personen interviewt. Zusätzlich zu den Interviews im ersten Teil des Projekts sollen die Erkenntnisse laut LMU in einem zweiten Teil durch eine anonyme Online-Befragung ergänzt werden.

Augsburgs Bischof Bertram Meier sagte zur LMU-Ankündigung: "Dass die Sichtweise der Betroffenen in dieser Studie im Mittelpunkt stehen soll, dass die Betroffenenvertreter und -vertreterinnen sogar den Ansatz der Studie mitentwickelt haben, ist ein gutes Beispiel wirklicher Partizipation." So könne der gesamte Forschungsprozess ein wichtiges Element der notwendigen Aufarbeitung sein.

Bistum finanziert Erhebung zwei Jahre lang

Dass es eine eigene Missbrauchsstudie für das Bistum Augsburg geben soll, hatten die Diözese und ihre Unabhängige Aufarbeitungskommission bereits im Januar 2023 erklärt. Das Bistum finanziert die Erhebung zwei Jahre lang; das Geld dafür kommt nicht aus Kirchensteuermitteln.

2018 war im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) erstmals eine bundesweite Studie zu sexuellem Missbrauch durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige veröffentlicht worden. An der interdisziplinären Untersuchung waren Wissenschaftler verschiedener Universitäten beteiligt. Nach ihren Standorten Mannheim, Heidelberg und Gießen wird das Projekt auch als MHG-Studie bezeichnet. Es wurde zum Ausgangspunkt weiterer Aufarbeitungsprojekte in den einzelnen Bistümern. (KNA)