"Das ist für unsere Fakultät heute beschämend"

Fakultät distanziert sich von Ehrendoktorwürde für Bischof Lettmann

Veröffentlicht am 15.11.2023 um 14:39 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Auch über ein Jahr nach Veröffentlichung der Missbrauchsstudie im Bistum Münster wirkt die Untersuchung nach. Die Münsteraner Katholisch-Theologische Fakultät hat sich von ihrem Ehrendoktor Reinhard Lettmann distanziert – und kündigt Konsequenzen an.

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Die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Münster hat sich von der Ehrendoktorwürde für den ehemaligen Münsteraner Bischof Reinhard Lettmann distanziert. "Vor dem Hintergrund unseres heutigen Wissens über Lettmanns Umgang mit Tätern und Opfern sexuellen Missbrauchs durch Priester im Bistum Münster hätte sie nicht verliehen werden dürfen", heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung der Fakultät. "Es macht uns als Fakultät sehr betroffen, dass durch Bischof Lettmann fahrlässig eingesetzte Priester Menschen tiefe seelische Verletzungen zugefügt und Biografien zerstört haben."

Die Ergebnisse der 2022 veröffentlichten Missbrauchsstudie für das Bistum Münster zeigten, dass Lettmann in seinen Funktionen als Generalvikar (1967-1973), Weihbischof (1973-1980) und Bischof (1980-2008) entscheidenden Einfluss auf den Umgang mit Tätern und Opfern sexuellen Missbrauchs gehabt habe. "Mit seinem in mehreren Fällen grob fahrlässigen Verhalten hat es Bischof Reinhard Lettmann Tätern ermöglicht, neue Opfer zu suchen", heißt es in der Erklärung der Fakultät. Die Missbrauchsstudie komme zu dem Schluss, dass Lettmann "keine erkennbare Empathie für die Opfer aufbrachte, den direkten Kontakt vermied und die Personalverantwortung delegierte".

Fakultät sei sich ihrer Schuld bewusst

Der Fachbereich habe die 1991 verliehene Ehrenpromotion damals mit Lettmanns bischöflichem Wirken im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils begründet. "Das ist für unsere Fakultät heute beschämend, denn Bischoff Lettmann ist seiner bischöflichen Verantwortung nicht so nachgekommen, wie es seine Pflicht gewesen wäre." Die Fakultät sei sich ihrer Schuld bewusst und wolle ihre theologische Arbeit in Zukunft sorgfältig auf "Verstrickungen in und die Ermöglichung von Formen des Machtmissbrauchs prüfen", heißt es in der Erklärung.

Das 2022 veröffentlichte Gutachten "Macht und sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche. Betroffene, Beschuldigte und Vertuscher im Bistum Münster seit 1945" hat alle Bischöfe seit 1945 beschuldigt. So sei es in den Amtszeiten der Bischöfe Michael Keller (1947-1961), Joseph Höffner (1962-1969), Heinrich Tenhumberg (1969-1979) und Lettmann durchweg zu mangelndem Umgang mit Beschuldigten und "skandalvermeidendem und strafvereitelndem" Verhalten gekommen. Lettmann war 2013 in Bethlehem im Westjordanland gestorben. (cbr)