"Wetten, dass..?": Wütender Bischof, Papstbesuch und Nonnen auf Rädern
"Wo sind meine Klosterfrauen?", fragt Frank Elstner am Ende der achten "Wetten, dass..?"-Ausgabe in Augsburg, dann beginnt das Spektakel: Klingelnd und unter tosendem Applaus radeln unzählige Ordensschwestern mit wehendem Schleier auf die Bühne in der Augsburger Sporthalle. "Grüß Gott, Schwester"; "Ich begrüße Sie"; "Das ist ja umwerfend"; "Grüß Gott", salutiert Elstner gebetsmühlenartig, während eine ZDF-Mitarbeiterin versucht, die Ordensfrauen im Meer aus schwarzen und weißen Ordenskleidern zu zählen. Denn es gilt an diesem Abend "mehr als 50 Klosterfrauen mit Fahrrad auf die Bühne zu bringen".
Mit dieser Saalwette forderte Polizeiobermeister Helmut Lamberger am 6. Februar 1982 Augsburg heraus. Die Idee stamme eigentlich von seiner Tochter, die auf einer Klosterschule sei, gab er zu. Auch Elstner besuchte eine kirchliche Schule, was er den radelnden Schwestern fröhlich entgegenrief: "Ich kenne viele ihrer Kolleginnen aus dem erzbischöflichen Gymnasialkonvikt!" Einige der Ordensfrauen organisierten sich an diesem Abend einen Kleinbus, luden ihre Räder ein und düsten rund 50 Kilometer von Dillingen nach Augsburg, um bei der Wette dabei zu sein. "Wir sind kurz nach neun losgefahren", berichtete eine der Schwestern sichtlich stolz dem staunenden Showmaster. Am nächsten Tag wurden die Dillinger Teilnehmerinnen vom Oberbürgermeister der Stadt zum Kaffee ins Rathaus geladen. Er war stolz, dass durch die Schwestern Dillingen ins Fernsehen kam. Diese "Tour de Nonn'", wie Elstner den Auftritt bezeichnete, sollte aber nicht der einzige große Auftritt von Kirchenpersonal auf der "Wetten, dass..?"-Bühne bleiben.
Päpstlicher Wettpate
Nachdem Frank Elstner in den 80er-Jahren großen Erfolg mit "Wetten, dass..?" hatte, nahm der Katholik allen Mut zusammen und suchte das Gespräch mit dem Vatikan: Papst Johannes Paul II. sollte als Wettpate ins "Wetten, dass..?"-Studio kommen. Also sprach der Showmaster bei Kardinal Joseph Ratzinger vor. Doch der lehnte ab. Ein Papst im Fernsehstudio – das gehe nicht. Gegen eine Live-Schalte aus Rom sei jedoch nichts einzuwenden, habe ihm Ratzinger mitgeteilt. Das aber wollte Elstner nicht, weil er befürchtete, dass künftig alle Gäste eine Schalte aus der Ferne favorisieren. Im Nachhinein "hätte ich mir in den Hintern beißen können", erzählte Elstner, als ihm bewusst wurde, welche Chance er vertan hatte.
Vor allem in den 80er und 90er Jahren spielte Kirche immer wieder eine Rolle in der Samstagabendshow. So lud das ZDF 1986 zwanzig Pastoren auf Skateboards in die Show ein, 1989 erwartete man zehn Pfarrer samt ihren Haushälterinnen auf Motorrädern und 1996 tanzten zwanzig Ordensfrauen aus dem Baseler Kloster St. Chrischona mit Thomas Gottschalk zur Musik von "Sister Act".
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Aber auch fernab der Saalwetten war Kirche immer wieder in der Show präsent. Am 6. Januar 1990 nahm das erste und einzige Mal ein deutscher Bischof auf der "Wetten, dass..?"-Couch als Wettpate Platz: Thomas Gottschalk hatte den Mainzer Bischof Karl Lehmann zur 60. Ausgabe der Sendung eingeladen. Am nächsten Morgen fand in Mainz eine Diakonenweihe statt. Normalerweise wäre daher an diesem Abend im Priesterseminar ein geistlicher Vortrag zur Einstimmung angesagt gewesen, doch die Seminarleitung verlegte den Impuls, sodass die rund 100 Seminaristen pünktlich vor den beiden Fernsehgeräten des Hauses den TV-Auftritt ihres Bischofs verfolgen konnten.
Der Katholik Gottschalk klärte mit Lehmann währenddessen, wie man einen Bischof korrekt anrede (Lehmann wünschte sich "Bischof Lehmann"), die beiden diskutierten über die Frage "Wie die Kirche zu den Leuten komme" und philosophierten zur Primetime über Teufel und Dämonen. Der Mainzer Oberhirte attestierte Gottschalk, dass er auch als Pfarrer "ganz brauchbar" gewesen wäre, nicht zuletzt, weil sein schwarz-weißes Bühnenoutfit dem eines evangelischen Landesbischofs nahekäme. Anschließend verlor Lehmann als Wettpate seine Wette und versprach als Wetteinsatz, alleinerziehende Väter und Mütter für einen Tag nach Mainz einzuladen. Es gäbe eine Bescherung für die Kinder, eine Domführung und Kaffee im Bischofshaus. In der gleichen Sendung wurde es noch einmal kirchlich: Gottschalk verlor seine Stadtwette und versprach, in einer Frühmesse dem Mainzer Bischof zu ministrieren. Dass Gottschalk vorkonziliare Liturgien mit viel Weihrauch und Pomp bevorzuge, quittierte Lehmann mit einem aufgeschreckten: "Ach, Sie sind auch einer von denen?!".
Ein verärgerter Bischof
Im Dezember 2004 gerieten Gottschalk und der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick aneinander. Bei der 152. "Wetten, dass..?"-Ausgabe wettete Gottschalk, dass die Nürnberger es nicht schaffen würden, 300 menschliche Weihnachtsbäume mit Christbaumkugeln, Lametta und Lichterketten in der Innenstadt zu versammeln. Sein Wetteinsatz: eine Predigt in einem Sonntagsgottesdienst. Nürnberg lieferte und Gottschalk predigte am nächsten Morgen in der Nürnberger Kirche "St. Elisabeth". Dabei gestand er: "Ich habe auch schon mal um gute Einschaltquoten gebetet". Sonst sei er aber eher ein "ungläubiger Thomas". Erzbischof Schick sei darüber "nicht sehr erfreut" gewesen, berichteten Zeitungen im Anschluss. Ein Sprecher des Erzbistums erklärte, der Erzbischof habe grundsätzlich nichts gegen eine solche Veranstaltung einzuwenden, doch könne es nicht angehen, dass Sicherheitsleute des ZDF Gläubigen und Fotografen den Zutritt zur Kirche verwehrten. Der Sender hingegen verteidigte den Einsatz der Bodyguards. Es sei Wunsch des Pfarrers gewesen, keine Fotografen in der Kirche zuzulassen. Auch habe der Pfarrer dem Vorschlag zugestimmt, die Kirche im Fall einer Überfüllung aus Sicherheitsgründen zu schließen. "Es ist nun einfach mal so, dass, wo immer Thomas Gottschalk auftaucht, sich Menschenmassen bilden", sagte der Sprecher.
2005 witterte Fernseh-Deutschland einen großen "Wetten, dass..?"-Skandal. Die blinde Gabi Simon gab in der Show an, die Farbe von Kleidungsstücken ertasten zu können. Nach anhaltenden Betrugsvorwürfen in den darauffolgenden Tagen besuchte Gottschalk Simon zuhause – im Schlepptau: den Ortspfarrer. Ihm zog der Showmaster eine Schwimmbrille und eine Schlafmaske an, verband seine Augen mit einem Schal und zog ihm einen Sack über den Kopf. Daraufhin bestätigte der Geistliche "Ich habe gar nichts gesehen." Simon wiederholte anschließend den Versuch mit ebenfalls verbundenem Kopf. Gottschalk folgerte: “Da ein Pastor nicht lügen darf, glauben wir Gabi: Selig, die nicht sehen und doch glauben."
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Am 4. Oktober 2008 betraten wieder einmal Ordensleute die Showbühne von "Wetten, dass..?". Vor Millionenpublikum sprachen Pater Karl Wallner und Pater Phillip Gschanes aus dem österreichischen Zisterzienserstift Heiligenkreuz mit Gottschalk, Sebastian Vettel, Sylvie van der Vaart und Karl Lagerfeld über ihre Berufung. Pater Phillip fühlte sich sichtlich wohl auf der TV-Couch und parierte Gottschalks Einlassungen über den Zisterzienser-Habit mit dem Hinweis, dass schwarz-weiß schon seit 900 Jahren Mode sei. Grund für die Einladung der beiden Monasten war der musikalische Erfolg der Österreicher mit der CD "The Cistercian Monks Of Stift Heiligenkreuz – Chant – Music for Paradise".
Päpstlicher ging es bei der 195. "Wetten, dass..?"-Ausgabe 2011 zu: Whoopi Goldberg legte fest, dass Gottschalk bei einer verlorenen Wette als Papst in einer "Sister Act"-Aufführung in Hamburg auftreten müsse. Goldberg gewann und Gottschalk versprach einen Auftritt im Musical.
Der Dom als "Wetten, dass..?"-Kulisse
Immer wieder gastierte "Wetten, dass..?" in deutschen Bischofsstädten. Spitzenreiter ist die Hauptstadt mit zehn Übertragungen. Sieben Mal gastierte die ZDF-Show in Erfurt, fünf Mal in Augsburg und Freiburg. Vier Mal in Mainz, jeweils dreimal in München und Münster, zwei Mal in Stuttgart und Köln. Mindestens einmal war eine Bischofskirche Kulisse für eine Stadtwette: Am 29. März 2008 badeten mehr als 50 Erfurter in mitgebrachten Badewannen auf den berühmten Domstufen. Die Stadt hatte ihre Wette gewonnen.
Insgesamt wurden 218 "Wetten, dass..?"-Ausgaben produziert. Mit Thomas Gottschalk, Frank Elstner und Markus Lanz wurden 210 Ausgaben von Katholiken moderiert. Sie alle waren Ministranten. Elstner und Lanz besuchten beide katholische Schulen. Immer wieder kamen die Moderatoren auf der Bühne auf diese Zeit zu sprechen. Es bleibt also spannend, ob und wie bei der vorerst letzten "Wetten, dass..?"-Produktion mit Gottschalk Kirche und Religion thematisiert werden.