Franziskus habe nie "mein Feind" gesagt

Papstvertrauter verrät Hintergründe zu Sanktionen gegen Kardinal Burke

Veröffentlicht am 01.12.2023 um 12:06 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Raymond Burke lebte bisher gut von seinem Kardinalssalär in einer kostenlosen Kirchenwohnung. Nun hat der Papst seinem Kritiker den Geldhahn abgedreht. Doch nicht alles, was man darüber hört, stimmt – sagt einer mit besonderem Zugang zu Franziskus.

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Der Papstvertraute und Journalist Austen Ivereigh hat von Papst Franziskus Einblicke in die Hintergründe der Sanktionen gegen Kardinal Raymond Leo Burke bekommen. Der Papst distanzierte sich dabei auch von angeblichen Zitaten, die ihm in papstkritischen Medien zugeschrieben wurden, berichtete Ivereigh im Blog "Where Peter is". Der Papst habe entschieden, Burke sein Vatikan-Gehalt und seine Wohnung zu entziehen, da der Kardinal diese Privilegien gegen die Kirche eingesetzt habe. "Er sagte mir, dass die Entscheidung zwar kein Geheimnis sei, er aber keine öffentliche Bekanntgabe beabsichtigt habe, aber am Montag war sie bereits durchgesickert", so Ivereigh.

Nach dem Treffen mit Ivereigh am Montag wurde ein angebliches Papstzitat publik, laut dem Franziskus Burke bei einem Treffen der Vorsteher der vatikanischen Dikasterien als seinen Feind bezeichnet habe, "und deshalb nehme ich ihm seine Wohnung und sein Gehalt weg". Gegenüber Ivereigh äußerte sich der Papst in einem kurzen Schreiben: "Ich habe weder das Wort 'Feind' noch das Pronomen 'mein' verwendet. Ich habe die Tatsache lediglich auf der Sitzung der Dikasteriumsleiter bekannt gegeben, ohne spezifische Erklärungen abzugeben." Der Journalist bezeichnete die auf anonymen Vatikan-Quellen beruhende Berichterstattung in italienischen und internationalen Medien als zuverlässig, nach der Burke in der Sitzung als "Quelle der Uneinigkeit in der Kirche" bezeichnet wurde.

Seit Jahren laute Papstkritik

Anfang der Woche wurden die Sanktionen des Papstes gegen Burke bekannt. Der Kardinal wurde im Juni 75 Jahre alt und hat damit das Alter erreicht, in dem Diözesanbischöfe und leitende Kardinäle gehalten sind, ihren Rücktritt anzubieten. Kurz zuvor schied er aus seinem letzten Amt als Kardinalpatron des Malteserordens aus. Von 2008 bis 2014 stand der amerikanische Kirchenrechtler dem höchsten Kirchengericht vor, der Apostolischen Signatur, seither ist er dort einfacher Richter. Laut dem aktuellen päpstlichen Jahrbuch, das vor dem Ausscheiden als Kardinalpatron erschienen ist, gehört der Kardinal neben seinem Richteramt noch dem Dikasterium für die Heiligsprechungen an, außerdem ist er Mitglied des Rats der Sektion für die Beziehungen zu den Staaten und internationalen Organisationen des Staatssekretariats. In der Regel scheiden Mitglieder von Kurienbehörden mit 80 aus ihrem Amt aus.

2016 war Burke einer von vier Kardinälen, die Zweifel an den moraltheologischen Positionen des Papstes äußerten. Zuletzt hatte er mit vier weiteren Kardinälen vor dem Beginn der Weltsynode von Papst Franziskus klare Antworten auf Fragen zu grundsätzlichen Themen der Sakramente und der Kirchenverfassung gefordert. Der Vatikan veröffentlichte die Antwort des Papstes auf die Dubia. Burke äußert sich regelmäßig in der Öffentlichkeit mit deutlichen Zweifeln an der Amtsführung von Papst Franziskus und dessen Treue zu Tradition und Lehre. (fxn)