Das Gefühl, gehasst zu werden, sei nicht schön

Drohbriefe an Glaubenspräfekten: "Wir werden Sie vernichten!"

Veröffentlicht am 11.01.2024 um 12:51 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Seit seinem Amtsantritt als Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre im Vatikan sorgt Kardinal Victor Fernandez für Wirbel. Offenbar nicht ohne Folgen: Der Papst-Vertraute erhält Drohbriefe.

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Der Präfekt des Dikasteriums für die Glaubenslehre, Kardinal Victor Fernandez, erhält Drohbriefe. Über deren Inhalt sprach er im Interview der italienischen Zeitung "La Stampa" (Donnerstag). Die Botschaft "Wir werden Sie vernichten" habe er dreimal erhalten, so der Argentinier, der seit September das Glaubensdikasterium im Vatikan leitet. Das Gefühl, gehasst zu werden, sei nicht schön. Er selbst komme zurecht, versicherte der 61-Jährige. Das Problem sei aber, dass durch solche Reaktionen Einheit und Harmonie in der Kirche verletzt würden.

Seit geraumer Zeit steht Fernandez in der Kritik vor allem konservativer Kirchenvertreter. Vor Jahrzehnten verfasste Bücher zu Glaube und Sexualität sorgten für eine Vielzahl negativer Reaktionen, derzeit auch die Vatikan-Erklärung "Fiducia supplicans" (Das flehende Vertrauen). In der kurz vor Weihnachten veröffentlichten Erklärung des Glaubensdikasteriums erlaubt die katholische Kirche erstmals auch eine Segnung homosexueller Paare.

Dokumente wie dieses verursachten nicht die Spaltungen in der Kirche, so Fernandez im Interview; sie brächten sie lediglich zum Vorschein. Erneut bekräftigt der frühere Erzbischof von La Plata, dass solche Segnungen weder sakrilegisch noch blasphemisch sein könnten – ein häufig geäußerter Vorwurf. Sie seien ein Akt der Seelsorge, nicht der Liturgie, und sie sanktionierten weder etwas noch qualifizierten oder autorisierten oder anerkennten sie.

Sakrileg oder Blasphemie sei Kommunionempfang "mit Hass im Herzen"

Hingegen bezeichnete es Fernandez als Sakrileg oder Blasphemie, "die Kommunion mit Hass im Herzen zu empfangen oder zu akzeptieren, dass ein Mensch nur wegen seiner sexuellen Orientierung eingesperrt oder ermordet wird".

Nach teils heftigen innerkirchlichen Reaktionen sah sich der Vatikan in der vergangenen Woche zu weiteren Ausführungen zu "Fiducia supplicans" gezwungen. Fernandez nennt darin ein praktisches Beispiel für einen solchen Segen, dessen Dauer in diesem Fall mit 10 bis 15 Sekunden angegeben ist. Diese kurze Zeitspanne sorgte wiederum in liberalen kirchlichen Kreisen für Empörung.

Eines der Merkmale der nicht-rituellen Art solcher Segnungen sei ihre kurze Dauer, bekräftigte Fernandez nun. "Ich wusste, dass man sich über dieses 15-Sekunden-Detail lustig machen würde; aber ich bin das Risiko eingegangen, um deutlich zu machen, dass mit diesen Segnungen nicht die Welt untergeht." (KNA)