Missionar war im November nach einem Jahr in Mali freigelassen worden

Entführter deutscher Priester: Habe erfahren, dass Gott mich liebt

Veröffentlicht am 19.01.2024 um 11:54 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Ein Jahr lang war Pater Hans-Joachim Lohre in Mali in der Gewalt von islamistischen Entführern. In einem Interview hat er jetzt über diese Zeit gesprochen. Insgesamt sei er gut behandelt worden und sein Glaube während der Gefangenschaft gewachsen.

  • Teilen:

Der nach einem Jahr Geiselhaft im vergangenen November in Mail freigelassene deutsche Missionar Hans-Joachim Lohre ist überzeugt, dass seine Gefangenschaft ihn in seinem Glauben hat wachsen lassen. Er glaube, "dass ich jetzt wirklich selbst erfahren habe, dass Gott mich liebt. Dass Gott sich um mich kümmert und dass Gott auch Dinge, die eigentlich schlimm sein könnten, zum Guten wendet", sagte Lohre am Freitag in einem Interview von "Vatican News". Zwar sei seine Entführung durch Islamisten sicher nicht der Wille Gottes gewesen, er sei aber überzeugt, "dass sich Gott dessen bedienen kann, um etwas Gutes daraus hervorzubringen".

Lohre war am Christkönigsfest im November 2022 in Malis Hauptstadt Bamako entführt worden, als er gerade mit seinem Auto zur Sonntagsmesse fahren wollte. Das Kreuz, das der aus Westfalen stammende Priester bei sich trug, wurde anschließend in der Nähe seines Autos gefunden. Der Geistliche, der zum Zeitpunkt der Entführung bereits mehr als 30 Jahre in Mali gelebt hatte, soll in den Händen der "Gruppe für die Unterstützung des Islams und der Muslime" (JNIM) gewesen sein. Sie ist für zahlreiche Verschleppungen verantwortlich. Lohre war jedoch der Erste, der in der Hauptstadt entführt wurde.

Die meisten Tage in "völligem, tiefem inneren Frieden verbracht"

Nach der Entführung seien die Täter mit ihm in einem Auto mehrere Stunden Richtung Norden gefahren. "Jedes Mal, wenn das Auto abbog, haben sie mir den Kopf auf die Knie von dem rechts sitzenden Mann gelegt, damit ich nicht sah, wo wir hinkamen", so Lohre. Später seien dann auf zwei Motorrädern "Leute mit Turbanen auf dem Kopf und Kalaschnikows auf dem Rücken" gekommen, die ihn übernommen hätten, während seine ursprünglichen Entführer wieder nach Bamako zurückgefahren seien. Ihm sei sehr schnell klar geworden, dass er Opfer einer dschihadistischen Entführung geworden sei.

Wo genau er gefangen gehalten worden sei, könne er nicht sagen. Zunächst sei er jedoch in einer Sandwüste und später dann im Gebirge gewesen. "Ich wurde sehr gut behandelt. Ich hatte so eine Art kleinen Unterschlupf: Die hatten vier Pfosten in den Sand gebohrt, und dann kam eine Plane drüber; das war ungefähr einen Meter hoch", so Lohre. Dort habe er fast den ganzen Tag liegend verbracht. Nach Sonnenaufgang habe er immer gebetet, später sei dann jemand vorbeigekommen und habe ihm heißes Wasser für einen Kaffee gebracht. "Um 8 Uhr gab es frisches, im Sand gebackenes Brot mit einem halben Liter Milch. Gegen 13 oder 14 Uhr gab es dann Reis, oft mit Fleisch, und abends Nudeln. Die Diät bestand also abwechselnd aus Reis und Nudeln." Die meisten Tage habe er in "völligem, tiefem inneren Frieden verbracht".

"Ich bin Christ, das reicht mir"

Zunächst habe er sich mit seinen Entführern gut auf Französisch und Bambara verständigen können und mit ihnen über den Glauben gesprochen. Später hätten die Bewacher dann aber alle Arabisch gesprochen und kein Interesse an Gesprächen gehabt. Sie hätten ihn lediglich dazu aufgefordert, Muslim zu werden. "Ich antwortete: 'Ich bin Christ, das reicht mir', und dann war es damit gut", sagte der Geistliche.

Insgesamt, so Lohre, sei er während seiner Gefangenschaft gut behandelt worden: "Ich habe kein böses Wort gehört, wurde nicht einmal geschlagen oder sonst etwas. Sehr viel Respekt." Seine Entführer seien aus seiner Sicht keine Banditen gewesen, sondern Menschen, die glaubten, eine Mission zu haben. "Und diese Mission besteht darin, eine neue Gesellschaftsordnung aufzubauen, die auf dem Wort Gottes gründet, dem Koran. Eine Gesellschaft, in der eben nicht gestohlen wird, in der nicht gelogen wird, es wird kein Ehebruch begangen. Das wollen sie vertreten." (stz)