Mitglied des Kardinalsrats soll sexuelle Übergriffe begangen haben

Kanadischer Kardinal und Papstberater Lacroix unter Verdacht

Veröffentlicht am 25.01.2024 um 20:40 Uhr – Lesedauer: 

Quebec ‐ Dem Primas der katholischen Kirche in Kanada, Erzbischof Lacroix von Quebec, werden im Rahmen einer Sammelklage sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Der französischsprachige Kardinal gehört zu den engsten Beratern des Papstes.

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Dem kanadischen Kardinal Gerald Cyprien Lacroix (66) werden sexuelle Übergriffe zur Last gelegt. Der 66-jährige Ordensmann, Primas der Kirche in Kanada und Erzbischof von Quebec, soll zwischen 1987 und 1988 während zweier Bibeltreffen ein 17-jähriges Mädchen sexuell berührt haben, berichten zahlreiche kanadische Medien (Donnerstag).

Demnach erscheint der Name von Lacroix in Gerichtsdokumenten im Rahmen einer großen Sammelklage. Darin sind angebliche sexuelle Übergriffe in der Diözese seit 1940 aufgeführt. Das Oberste Gericht des Bundesstaates Quebec hatte 2022 eine Sammelklage gegen alle Fälle sexualisierter Gewalt angenommen, die Personen unter der Verantwortung des Erzbistums Quebec zur Last gelegt wurden.

Nach Angaben der beauftragten Anwaltskanzlei haben dafür 147 Personen ausgesagt, seit 1940 Opfer von sexuellen Übergriffen durch mehr als 100 Priester oder Mitarbeiter der Erzdiözese geworden zu sein. Das mutmaßliche Opfer von Lacroix, mittlerweile etwa 50 Jahre alt, erklärte nach Angaben der Kanzlei, es habe noch auf den Tod seiner Mutter gewartet, um auszusagen. Das Erzbistum Quebec hat laut den Medienberichten bislang nicht zu den Vorwürfen Stellung genommen.

Seit 2023 Mitglied im Kardinalsrat

Lacroix, seit 2011 Erzbischof von Quebec, hat neben seinem Bischofsamt und seiner Ehrenfunktion als Primas der katholischen Kirche in Kanada, wichtige Ämter im Vatikan. 2014 von Franziskus zum Kardinal ernannt, ist er als Mitglied des sogenannten Kardinalsrates ein enger Berater des Papstes. Der Kardinalsrat soll Franziskus bei der Reform der Kurie und der Regierung der Weltkirche unterstützen.

Lacroix ist in dem Rat seit 2023 der Vertreter Nordamerikas. Zudem ist er Mitglied mehrerer Vatikanbehörden, etwa für Kultur und Bildung, für Laien, Familie und Leben und im vatikanischen Wirtschaftsrat. In kanadischen Medien kursiert seit längerem sein Name als ein möglicher Nachfolger von Franziskus (87).

Geboren am 27. Juli 1957 in Saint-Hilaire-de-Dorset in Quebec, der einzigen überwiegend französischsprachigen Region Kanadas, wurde Lacroix 1988 zum Priester geweiht. In den 1990er Jahren arbeitete er als Missionar in Kolumbien. Der französischsprachige Geistliche gehört seit 1975 dem Säkularinstitut Pius X. an, einer besonderen Form geweihten Lebens zwischen Ordens- und Laienstand. Von 2001 bis 2009 leitete Lacroix dieses Säkularinstitut. Dann wurde er von Benedikt XVI. zum Weihbischof in Quebec und 2011 zum Erzbischof ernannt. (KNA)