Jurist: Staatsleistungen an Kirchen müssen laut Verfassung enden
Der Wittenberger Staatskirchenrechts-Experte Michael Germann sieht den Staat in der Pflicht, die von den Bundesländern jährlich an die Kirchen zu zahlenden Staatsleistungen abzulösen. Das sehe die Verfassung eindeutig vor, es gebe hier keinen Spielraum, schreibt Germann in einem Gastbeitrag für die in Freiburg erscheinende Zeitschrift "Herder Korrespondenz". Es sei daher zutiefst beunruhigend, wenn Bund und Länder "wie selbstverständlich so tun, als stünde die Befolgung der Verfassung in ihrem Belieben".
Die Staatsleistungen für die meisten katholischen Bistümer und die evangelischen Landeskirchen sind eine Art Entschädigung dafür, dass bei der Säkularisation 1803 viel Kirchenbesitz verstaatlicht wurde. Für die beiden großen Kirchen machen sie jährlich etwa 600 Millionen Euro aus; davon gehen rund 60 Prozent an die evangelischen Landeskirchen. Seit langem sollen diese Ausgleichszahlungen abgelöst werden, etwa mit einer hohen einmaligen Abschlusszahlung. Doch bisher haben Bund, Länder und Kirchen keine Lösung vereinbart. Die Ampelkoalition hatte entsprechende Verhandlungen angekündigt, doch diese stocken.
Germann argumentierte, trotz der aktuell angespannten öffentlichen Haushalte sei eine Lösung möglich und geboten: beispielsweise durch eine über einen langen Zeitraum vereinbarte Tilgung der Ablösesumme. Auch das Argument, eine Ablösung würde das Verhältnis von Staat und Kirchen negativ belasten, weist der Staatskirchenrechtler zurück. Vielmehr diene ein Ende der Staatsleistungen der finanziellen Selbstständigkeit von Staat und Kirchen. – Germann lehrt an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er ist auch Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. (KNA)