Papstvertrauter bekräftigt Forderung nach Debatte

Scicluna: Ende der Zölibatsvorschrift könnte "Doppelleben" verhindern

Veröffentlicht am 31.01.2024 um 11:11 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Es brauche in der Kirche eine "ernsthafte Diskussion" über den Zölibat, hatte der Erzbischof und Papstvertraute Charles Scicluna unlängst gefordert. Nun bekräftigte er das Ganze – auch mit dem Hinweis auf "unterschiedliche Lebenssituationen".

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Der Erzbischof von Malta und Papstvertraute Charles Scicluna hat seinen Vorschlag bekräftigt, in der Kirche über die priesterliche Verpflichtung zum Zölibat zu diskutieren. Deren Aufhebung könnte ein Mittel sein, ein Doppelleben von Klerikern zu verhindern, sagte Scicluna in einem am Dienstag veröffentlichten Interview des "National Catholic Reporter". Der Erzbischof betonte: "Das soll nicht die Schönheit des Zölibats oder das heldenhafte Engagement von Menschen schmälern, die den Zölibat als Geschenk angenommen haben und ihn leben." Eine seiner Sorgen sei jedoch, "dass Menschen in eine Situation gebracht werden, in der sie sich mit einem Doppelleben wohlfühlen".

Scicluna hatte bereits Anfang Januar in einem Interview eine "ernsthafte Diskussion" über den Zölibat gefordert. "Warum sollten wir einen jungen Mann verlieren, der ein guter Priester geworden wäre, nur weil er heiraten will?", so der Erzbischof vor einigen Wochen. Der Zölibat sei im ersten Jahrtausend des Bestehens der Kirche freiwillig gewesen – "und er sollte wieder freiwillig werden". Scicluna verwies darauf, dass manche Priester sich aufgrund des Zölibats auf heimliche Beziehungen einließen, aus denen in manchen Fällen auch Kinder hervorgingen. Dies sei eine "globale Realität".

"Menschliche Schwächen" berücksichtigen

In dem aktuellen Interview sagte Scicluna, der beigeordneter Sekretär im vatikanischen Dikasterium für Glaubenslehre ist und als "Chefaufklärer" von Papst Franziskus in Missbrauchsfällen gilt, dass diese Arbeit seine Sichtweise mitgeprägt habe, auch wenn sich keine Verbindung zwischen dem priesterlichen Zölibat und dem Missbrauch durch Priester herstellen lasse. "Wenn man viel reist und anderen Menschen begegnet, stellt man fest, dass sich die Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen befinden", so der Erzbischof. "Die Erfahrung lehrt uns, dass wir die menschliche Schwäche und die Tatsache berücksichtigen müssen, dass die Menschen in unterschiedliche Situationen hineinwachsen; sie befinden sich in einer anderen psychologischen und spirituellen Lage." Die Zukunft des Zölibats sei etwas, das die Kirche "auf höchster Ebene zu entscheiden haben wird".

Papst Franziskus hatte im vergangenen Jahr eine Abschaffung des Pflichtzölibats für Priester nicht ausgeschlossen. Es sei "kein Widerspruch, dass ein Priester heiraten kann", so Franziskus damals. Die Ehelosigkeit in der westlichen Kirche halte er für "eine zeitlich begrenzte Vorschrift", die – anders als die Weihe – keinen ewigen Charakter habe. Für denkbar halte er auch eine freiwillige Entscheidung über den Zölibat vor der Priesterweihe. In einem im Oktober erschienenen Interviewbuch deutete Franziskus jedoch an, dass es in seinem Pontifikat dazu keine Entscheidung geben wird: "Möge das mein Nachfolger entscheiden, wenn er es für opportun hält." (mal)