Jo Bailey Wells sprach vor Kardinalsrat über Frauenweihe

Anglikanische Bischöfin: Meine Einladung war "Risiko" für Papst

Veröffentlicht am 26.02.2024 um 17:39 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Eine anglikanische Bischöfin als Beraterin von Papst und Kardinälen – das hatte es nicht gegeben, bis Jo Bailey Wells Anfang Februar vor dem Kardinalsrat gesprochen hat. Nun verrät die Kirchenfrau, was sie den Purpurträgern erzählt hat.

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Die anglikanische Bischöfin Jo Bailey Wells glaubt, dass Papst Franziskus mit der Einladung an sie, vor dem Kardinalsrat über die Weihe von Frauen zu sprechen, ein "Risiko" auf sich genommen hat. "Ich bin mir bewusst – nicht zuletzt aufgrund der diversen Reaktionen im Nachhinein –, dass viele diese Möglichkeit für besonders, wenn nicht sogar historisch halten", sagte Wells der US-amerikanischen Zeitung "National Catholic Reporter" am Montag. Die stellvertretende Generalsekretärin der Anglikanischen Gemeinschaft hatte als eine von drei Frauen bei der jüngsten Sitzung des Kardinalsrats Anfang Februar im Vatikan über die Frauenweihe gesprochen.

Die Einladung, vor dem engsten Beratergremium des Papstes über die Frauenweihe zu sprechen, zeige, dass Franziskus den ökumenischen Dialog nicht nur als Möglichkeit zur Zusammenarbeit der Kirchen sehe, sondern auch als Weg, voneinander zu lernen, sagte Wells weiter. Die italienische Ordensschwester und Theologieprofessorin Linda Pocher habe sie im Herbst vergangenen Jahres zur Sitzung des Kardinalsrats eingeladen. Pocher habe sie gebeten, über die Frauenweihe in der Church of England und in der Anglikanischen Gemeinschaft zu sprechen, und dabei durch einen persönlichen Zugang einen geweiteten Blickwinkel auf das Thema darzustellen.

Großes Interesse von Papst und Kardinalsrat

Sie habe dem Papst und seinen Beratern die Lebensgeschichte von Florence Li Tim-Oi vorgestellt, die als erste Frau zur anglikanischen Priesterin geweiht wurde, so Wells. Die zuvor als Diakonin tätige Chinesin aus Hongkong empfing 1944 die Priesterweihe, weil männliche Priester in diesem Moment aufgrund des Zweiten Weltkriegs keinen Zugang zu ihrer Gemeinschaft in Macau hatten. Doch schon 1945 ließ Li ihre Erlaubnis zur Feier der Sakramente freiwillig ruhen, um einem Konflikt mit dem damaligen Erzbischof von Canterbury aus dem Weg zu gehen, der die außerordentliche Weihe einer Frau kritisiert hatte. Erst ein halbes Jahrhundert später, im Jahr 1992, sprach sich die Generalsynode der Kirche von England für die Priesterweihe der Frau aus. Zu dieser ersten Generation anglikanischer Priesterinnen habe Wells selbst gehört, so die Theologin.

Der Papst und seine Kardinäle hätten ihr interessiert zugehört und nach ihrem Vortrag habe sich eine Diskussion entwickelt, die sie positiv überrascht habe, sagte Wells. Mit Blick auf die Weltsynode hoffe sie auf Veränderungen in der katholischen Kirche beim Thema der Frauenordination. "Der Geist arbeitet daran, die den Frauen gegebenen Gnadengaben zum Wohl des ganzen Leibes Christi zu bekräftigen und nutzbar zu machen." Die 58-jährige Wells wurde 2016 zur Bischöfin von Dorking ernannt und vom Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, geweiht. Zuvor lehrte sie als Theologin in Großbritannien und den USA und war bis zu ihrer Bischofsweihe Hausgeistliche im Lambeth Palace, dem Amtssitz Welbys. (rom)