Katholische Verbände kritisieren bayerisches Genderverbot
Der jüngste Beschluss der bayerischen Staatsregierung zum Genderverbot für Behörden im Schriftverkehr hat Kritik und Zustimmung hervorgerufen. Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) sprach am Mittwoch in München von einem "bedauerlichen Rückschritt". Die bayerische Landesvorsitzende Birgit Kainz vermisste "konstruktive Alternativen zur Förderung der Gleichberechtigung". Sprache befinde sich im Fluss, sie entwickele sich mit der Gesellschaft mit, präge aber auch Bewusstsein und Denken. Somit sei diese ein wichtiges Instrument zur Förderung der Gleichberechtigung.
Ihrer Ansicht nach spricht nichts gegen eine konstruktive Betrachtung des Sonderzeichen-Systems, wenn zugleich Raum für Ideen zu einem sensiblen und aktuellen Umgang mit der Sprache geöffnet wird. Sichtbarkeit, Vielfalt und Toleranz müssten gerade in der jetzigen Zeit gestärkt werden. Der KDFB forderte die Verantwortlichen auf, mit Ideen und nicht Verboten zu punkten.
Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in Bayern warf der Staatsregierung vor, mit der Entscheidung das Leben vieler betroffener queerer Menschen zu schädigen. "Auch unzählige katholische Heranwachsende werden nach Ostern in die Schulen und Universitäten gehen und sich mit einem Lehrbetrieb konfrontiert sehen, in dem ihre eigene Queerness nicht mehr frei als Lebenswirklichkeit thematisiert wird", so die geistliche Verbandsleiterin Maria-Theresia Kölbl.
Fadenscheinig begründet
Auch der BDKJ-Landesvorsitzende Florian Hörlein reagierte mit Unverständnis: "Echter, freier politischer Diskurs ist nur mit uneingeschränkten Ausdrucksmöglichkeiten, dem konstanten Bemühen um Aufklärung und dem Ringen um die besten Argumente möglich." Das Genderverbot der Staatsregierung sei fadenscheinig begründet und schütte das Kind mit dem Bade aus. Weiter kündigte Hörlein an, dass beim BDKJ Bayern der Diskursraum weiter fürs Gendern offen bleibe und dazu ermutigt werde, geschlechtersensibel zu sprechen.
Die SPD warf Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor, Lehrkräfte und Behördenpersonal mit einem Sprechverbot zu belegen. Ziel des Verbots sei nicht, die deutsche Grammatik zu schützen, sondern die Fortschritte von Freiheit und Gleichstellung anzugreifen.
Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) begrüßte dagegen die Entscheidung, in Schulen, Behörden und öffentlichen Einrichtungen künftig keine Sonderzeichen wie Sternchen, Unterstrich und Doppelpunkt im Hinblick auf eine gendergerechte Sprache zu erlauben. Dies entspreche dem Standpunkt der GfdS und des deutschen Rechtschreibrats. Zugleich betonte die sich selbst als politisch unabhängig titulierende Vereinigung, dass sie dennoch klar für eine geschlechtergerechte Sprache sei, "wenn sie verständlich, lesbar und regelkonform ist". (KNA)