Papst habe nach Tod Benedikts XVI. Amt "in gleicher Weise weitergeführt"

Franziskus: Erscheinungstermin von Gänswein-Buch "Mangel an Anstand"

Veröffentlicht am 02.04.2024 um 15:16 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Schon wenige Tage nach dem Tod Benedikts XVI. erschien das Erinnerungsbuch von Erzbischof Gänswein. Die Umstände der Veröffentlichung kritisiert Papst Franziskus scharf – und betont, dass er nach dem Ableben seines Vorgängers seinen Kurs nicht geändert habe.

  • Teilen:

Mit scharfen Worten hat Papst Franziskus die Umstände der Veröffentlichung des Erinnerungsbuchs des ehemaligen Papst-Sekretärs, Erzbischof Georg Gänswein, kritisiert. Es sei für ihn ein großer Schmerz gewesen, dass "am Tag des Begräbnisses ein Buch erschien, das die Unwahrheit erzählte. Das ist sehr traurig", sagte Franziskus in dem am Mittwoch in Spanien erscheinenden Interview-Buch "El Sucesor". Der Erscheinungszeitpunkt von Gänsweins Buch sei ein "Mangel an Anstand und an Menschlichkeit" gewesen. Das Anfang Januar 2023 mit dem Titel "Nichts als die Wahrheit" zunächst in Italien erschienene Buch hatte seinerzeit ein weltweites Echo ausgelöst.

Das Buch erschien im Handel zwar erst am 12. Januar, also eine Woche nach der Beisetzung von Papst Benedikt XVI. Doch gelangten Teile des Inhalts schon vor der Beerdigung an Medien, die darüber berichteten. In dem Buch schildert Gänswein auch einige Spannungen zwischen dem alten und dem aktuellen Papst.

An einer anderen Stelle von "El Sucesor" berichtete Franziskus, dass es bereits 2020 wegen eines Buches Spannungen zwischen ihm und Gänswein gegeben habe. Damals habe er sich wegen Gänsweins Rolle bei der Buchveröffentlichung von Kardinal Robert Sarah, die er als Einmischung in sein Pontifikat betrachtete, gezwungen gesehen, Gänswein die Bitte um eine freiwillige Entpflichtung von seinem Amt als Präfekt des Päpstlichen Hauses nahezulegen. Ab da war Gänswein nur noch als persönlicher Sekretär des zurückgetretenen Papstes tätig.

Kein Kurswechsel

In dem Interview dementierte Franziskus zudem, dass er nach dem Tod seines Vorgängers am 31. Dezember 2022 den eigenen kirchenpolitischen Kurs geändert habe: "Ich habe danach (das Pontifikat) in gleicher Weise weitergeführt. Und dabei immer an ihn (Papst Benedikt XVI.) erinnert", so Franziskus.

Weiter erklärte er, sein Vorgänger habe in den ersten Jahren des Zusammenlebens oft mit ihm gesprochen; Benedikt habe sich aber nie eingemischt und ihm alle Freiheiten in seinen Entscheidungen gelassen. Nur einmal habe er ihm gesagt, dass er eine Entscheidung nicht verstehe. Daraufhin habe er sie ihm erklärt. Nie habe der Vorgänger ihm die Unterstützung entzogen, auch wenn es "vielleicht mal etwas gab, womit er nicht einverstanden war - aber das sagte er nie".

Außerdem erzählte Papst Franziskus, dass die gemeinsame Sorge über die Reformideen der Kirche in Deutschland Gesprächsgegenstand des alten und des neuen Papstes war. "Er machte sich Sorgen wegen des Synodalen Wegs der Kirche in Deutschland", so Franziskus über Benedikt XVI. "Ich zeigte ihm den Brief, den ich persönlich zu dieser Frage vorbereitet hatte. (...) Benedikt sagte, dass es eines der wichtigsten und sogar eines der tiefstgründigen Dokumente sei, die ich jemals geschrieben habe." Wenn er mit seinem Vorgänger über derartige Themen sprach, habe der ihm stets geholfen, "den Blick zu weiten und eine gute Entscheidung zu treffen".

Papst Franziskus mit seinem Vorgänger Benedikt XVI.
Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliani (Archivbild)

Papst Franziskus berichtet von engem Kontakt zwischen ihm und seinem Vorgänger Benedikt XVI.

Laut Aussage von Franziskus verteidigte Benedikt XVI. ihn in der Frage der eingetragenen Homosexuellen-Partnerschaften gegen konservative Kritiker. Franziskus schildert in dem Buch, dass einige konservative Kardinäle ihn bei seinem Vorgänger wegen angeblich häretischer Äußerungen denunzieren wollten. Daraufhin habe der ihn aber in Schutz genommen.

In der Sache ging es darum, dass Franziskus das Modell der amtlich eingetragenen Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare befürwortet hatte. Zwar hatte er das Ehesakrament für die Betroffenen abgelehnt, das Rechtsinstitut der Partnerschaft, das ihnen Schutz und Sicherheiten gibt, aber für gut befunden.

Als daraufhin einige konservative Kardinäle im Gespräch mit Benedikt XVI. von einer "Irrlehre" des neuen Papstes sprachen, habe der Vorgänger erklärt: "Das ist keine Häresie." Weiter führte Franziskus aus: "Und wie er mich verteidigte! Dadurch verstand ich, dass es da Leute gab, die (...) schon die kleinste Gelegenheit ausnutzen wollten, um mir zu schaden. Und er hat mich immer verteidigt." (mal/KNA)