Neue Untersuchung fragt nach Herkunft und Motivation

Studie: Junge Priester bei Themen des Synodalen Wegs eher skeptisch

Veröffentlicht am 17.05.2024 um 13:04 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Wer wird heutzutage Priester – und warum? Und wie denken Nachwuchsgeistliche? Eine neue Studie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz hat sich mit der Herkunft und Motivation junger Priester befasst. Nun wurde sie vorgestellt.

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Ein neue Studie sieht bei jüngeren Priestern in Deutschland keinen großen Rückhalt für die Themen des Synodalen Wegs. Wie aus einer am Freitag in Bonn vorgestellten Untersuchung des Bochumer "Zentrums für angewandte Pastoralforschung" (zap) hervorgeht, erreichen Fragen nach der Zulassung von Frauen zur Weihe oder nach mehr Teilhabe von Laien bei kirchlichen Entscheidungen unter Nachwuchsgeistlichen Zustimmungswerte von rund 25 bis 36 Prozent. Über 80 Prozent sind hingegen der Meinung, dass es für eine Reform der Kirche mehr Angebote mit spirituellem Tiefgang brauche; rund 76 Prozent sehen eine stärkere Ausrichtung auf Vermittlung von Glaubensinhalten als entscheidend an. Die Studie trägt den Titel "Wer wird Priester" und ist eine empirische Erhebung zur Herkunft und Motivationslage jetziger Priester. Erstellt wurde sie im Auftrag der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

Für die Studie wurden 847 Männer angefragt, die zwischen 2010 und 2021 zum Priester geweiht wurden, sowie 1.668 Männer, die während der Ausbildung aus dem Priesterseminar ausgetreten sind. Antworten erhielten die Studienautoren von 153 Priestern und 18 ehemaligen Kandidaten. Der Untersuchungszeitrum erstreckte sich von Oktober 2021 bis Februar 2022. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 37 Jahren; über 97 Prozent von ihnen sind in Deutschland aufgewachsen. Sieben Prozent haben einen Migrationshintergrund. Meistens stammen sie aus eher kinderreichen Familien und sind klassisch kirchlich sozialisiert. Bei der Herkunft jüngerer Priester sei insgesamt eine erhebliche Milieuverengung zu beobachten. So kommen neue Priester vorwiegend aus konventionell orientierten oder konservativen Milieus.

Individuell-spirituelle Faktoren

Bei den Berufungswegen heutiger Priesteramtskandidaten spielen vor allem individuell-spirituelle Faktoren eine Rolle, so die Studie weiter. Ein großes Motivationspotenzial liege auch in der Feier der Liturgie. Fragen der Organisation oder des Managements spielten dagegen nur eine geringe Rolle.

Gleichzeitig sind der Untersuchung zufolge Ehelosigkeit und Zölibat maßgebliche Gründe, warum sich junge Männer in Deutschland gegen den Priester-Beruf entscheiden. So glauben rund 73 Prozent der Befragten, dass die Ehelosigkeit ein sehr großes oder eher großes Hindernis für junge Männer darstellt, ins Priesterseminar zu gehen. Fast ebenso viele (72,4 Prozent) nannten auch die mangelnde Akzeptanz des Zölibats in der Gesellschaft als relevanten Grund.

Bild: ©Martin Steffen (Archvbild)

Der Bochumer Pastoraltheologe und zap-Chef Matthias Sellmann hat die Studie geleitet.

Der Studienleiter und zap-Chef, der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann, betonte, dass die Studie eine große Notwendigkeit zu einem Umsteuern in der Berufungspastoral und der Priesterausbildung zeige. Das Hauptproblem sei, dass Priesterberufungen genau in jenen Konstellationen die größte Wahrscheinlichkeit hätten, die demografisch, gesellschaftlich und innerkirchlich austrockneten. Dieses Herkunftsmuster werde für künftige Rekrutierung kaum mehr zur Verfügung stehen, da das volkskirchliche Milieu verschwinde. Die Mehrheit der Priester sehe sich zudem selbst nicht als "gestalterische Führungskräfte; ohnehin scheinen sie in der Mehrzahl mit den Settings und Werten der modernen Gesellschaft zu fremdeln". Dazu gehörten auch die Anliegen von Kirchenreform. Daraus könne man folgern, dass sie "wenig dazu beitragen werden, Kirche und Gegenwartsgesellschaft miteinander kreativ zu erschließen".

Diese fehlende Initiative für Aufbruch und Gestaltung münde in einem weiteren Problem, so Sellmann weiter. Die Priester strebten ein Kompetenzprofil an, das auf Person und Spiritualität setze; die meisten Aspekte rund um das Thema Organisation und die Rolle des Priesters würden jedoch ausgeblendet. "Viele wollen Seelsorger sein, aber nicht Chef und schon gar nicht Manager. Auf Dauer werden sie aber als Führungskräfte von immer größeren und ressourcenreicheren Komplexen eingesetzt werden." Dadurch sei ihre Überforderung vorprogrammiert.

Der Fuldaer Bischof Michael Gerber, stellvertretender DBK-Vorsitzender und Vorsitzender der Kommission für Geistliche Berufe und Kirchliche Dienste, sagte, dass die Studie wichtige Hinweise für die Arbeit in der Berufungspastoral und Seminarausbildung gebe. Dass für Priesteramtskandidaten immer mehr die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung und einer Einübung in die eigene Spiritualität eine Rolle spiele, könne vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt und geistlichem Missbrauch in der Kirche nur begrüßt und gefördert werden. "Die Bedeutung der menschlichen Reife ist aber für den Priesterberuf auch deshalb zentral, weil er immer auch als eine Rolle in einer Institution und als ein Seelsorger in oftmals komplexen sozialen Gefügen ausgeübt wird, in denen er nicht selten als Pfarrer leitend oder moderierend tätig ist." Gerber kündigte zudem an, dass sich die Arbeit an einer neuen Rahmenordnung der Priesterausbildung in Deutschland in der finalen Phase befinde. (mal)

Hinweis

Die komplette Studie kann beim Verlag Echter bestellt werden. Eine Präsentation der zentralen Ergebnisse gibt es auf der DBK-Website.