Druck aushalten: Wie die Katholikentags-Security ruhig bleibt
Wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Katholikentag nach Erfurt kommt, ist Jens Eiben nicht weit. Der 51-jährige aus dem Münsterland wird dann – mit Jeans, Jackett und Knopf im Ohr – im Pulk der Sicherheitsbeamten sein, die für den Schutz des Staatsoberhauptes sorgen. Vor allem hat er mit seinen Leuten die Aufgabe, dass Steinmeier ein Bad in der Menge nehmen kann, aber dennoch so abgeschirmt wird, dass er rechtzeitig bei der nächsten Veranstaltung ist. Seit dem Jahr 2000 arbeitet Eiben ehrenamtlich im Sicherheitsdienst der Katholikentage mit. Trotzdem kann er ruhig schlafen, wie er erzählt: "Druck verspüre ich da nicht." Er mache das Ganze schließlich nicht professionell und wisse immer das Bundeskriminalamt im Rücken. "Die haben mir bereits ganz am Anfang meines Dienstes gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen muss und sie da sein werden, wenn etwa jemand auf die Schutzperson zurennt."
Doch wie gehen Security-Profis mit der Verantwortung auf Großveranstaltungen um? Wie mit dem Druck, für die Sicherheit von tausenden Menschen verantwortlich zu sein?
Claudia Steinmann, 41 Jahre alt, leitet beim Sicherheitsdienst "Guardian Force Security" die Personalabteilung. Die Firma ist für die Security beim Erfurter Katholikentag verantwortlich. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben viel Erfahrung im Management von Großevents, betreut etwa alle großen Fußballspiele in Erfurt und sorgt auch für die Sicherheit in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete. Steinmann stellt die Sicherheitsfachkräfte ein – und ist beim Katholikentag auch selbst als Sicherheitsdienst bei verschiedenen Veranstaltungen vor Ort. Den Job macht sie seit zwölf Jahren. Zur Vorbereitung hat sie sich in das Sicherheitskonzept eingelesen. "Alles andere muss man auf sich zukommen lassen. Man muss spontan reagieren können." Grundsätzlich helfe ihr ihre positive Lebenseinstellung und Zuversicht: "Ein totaler Angsthase darf man bei dem Job nicht sein."
Ruhepausen sind wichtig
Dieser Meinung ist auch Birgitta Sticher, die in Berlin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht als Professorin für Psychologie und Führungswissenschaft tätig ist. "Die große Verantwortung kann viel Druck erzeugen. Wer zum Katastrophendenken neigt ist für den Job nicht geeignet", erklärt sie in einem Interview der Zeitschrift "Psychologie heute". Sie empfiehlt, sich immer wieder auch Ruhephasen zu können. Zudem helfe Erfahrung weiter. "Die Bewältigung vieler verschiedener Situationen schafft eine Selbstwirksamkeitserfahrung, die Sicherheit gibt."
Mentale Stärke, die man zum Beispiel gebrauchen kann, wenn sich die Veranstaltungsteilnehmer nicht an die Regeln halten wollen – bei Fußballspielen etwa Flaschen mit ins Station nehmen wollen. "Manche werden auch beleidigend", erzählt Steinmann. Bei patzigen Leuten werde sie "knallhart". Die verbalen Angriffe lasse sie nicht an sich ran. "Das Wichtigste ist, deeskalierend zu wirken." Selten gebe es Ausnahmen von der Regel: "Das muss von Situation zu Situation entscheiden. Ich habe etwa eine Mutter einmal zum Stillen wieder raus- und danach wieder reingelassen, obwohl das eigentlich nicht erlaubt war."
Gerechtigkeit sei bei Großveranstaltungen besonders wichtig, sagt Sozialpsychologin Anna Sieben, Professorin an der Bergischen Universität Wuppertal. Um ungute Dynamiken zu vermeiden, müssten vor allem bei Großveranstaltungen möglichst gerechte Lösungen für die Besucherinnen und Besucher etwa bei Einlasskontrollen gefunden werden. "Bei Einlässen von Konzerten etwa ist die Situation oft emotional aufgeladen, zum Beispiel bei Teenager-Fans. Da muss man unbedingt sicherstellen, dass nicht jemand unter dem Gatter durchkriecht, um schneller rein zu kommen."
140 sachkundige Mitarbeiter sowie Ordner arbeiten insgesamt bei der Erfurter Sicherheitsfirma. Die sachkundigen Mitarbeiter haben eine Prüfung als Sicherheitsdienst bei der Industrie- und Handelskammer absolviert und sind etwa vom Landeskriminalamt überprüft.
Für die IHK-Prüfung muss man viele Fragen beantworten – zu Gesetzen etwa oder dem eigenen Umgang mit Menschen. "Die eigene politische Meinung darf bei der Betreuung einer Veranstaltung etwa keine Rolle spielen", sagt Personalerin Steinmann. Da muss man aufpassen – "man schaut den Menschen nur vor den Kopf."
Neben der mentalen Stärke sei auch die körperliche Fitness in der Branche wichtig. "Vor allem muss man zehn bis zwölf Stunden stehen können", sagt Steinmann. Computerfachmann Eiben will das Security-Ehrenamt auf Katholikentagen deshalb nur noch ein paar Jahre machen: "Man muss auch mal schnell rennen können."