Kinderschutzkommissions-Präsident widerspricht Kommunikationspräfekt

Kardinal O'Malley fordert Kurie auf, auf Rupnik-Kunst zu verzichten

Veröffentlicht am 28.06.2024 um 13:06 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Trotz vieler Missbrauchsvorwürfe verwendet der Vatikan immer noch Kunstwerke des Ex-Jesuiten Marko Rupnik. Der Kommunikationschef der Kurie will daran auch festhalten. Nun widerspricht der oberste Kinderschützer des Papstes.

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Die vatikanischen Dikasterien sollen darauf verzichten, Kunstwerke von mutmaßlichen Missbrauchstätern in ihrer Kommunikation zu verwenden. Das fordert der Präsident der Päpstlichen Kinderschutzkommission, Kardinal Sean O'Malley, in einem Brief an die Dikasterien, der von der Kommission am Freitag in Auszügen veröffentlicht wurde. Konkret geht es um die Mosaike von Marko Rupnik, dem Betroffene vorwerfen, sie unter Verweis auf seinen Schaffensprozess sexuell missbraucht zu haben. Der Präfekt des Kommunikationsdikasteriums Paolo Ruffini hatte zuvor Forderungen von Betroffenen, auf die Werke Rupniks in der Kommunikation des Vatikans zu verzichten, deutlich zurückgewiesen. "Wir dürfen nicht die Botschaft vermitteln, dass der Heilige Stuhl die psychische Not, unter der so viele Menschen leiden, nicht wahrnimmt”, betonte dagegen nun O'Malley.

Der Kardinal wünscht sich "pastorale Klugheit", die dafür sorgt, dass Kunstwerke nicht so ausgestellt werden, dass es wie eine Entlastung oder unterschwellige Verteidigung mutmaßlicher Missbrauchstäter scheint, und dass es nicht wie "Gleichgültigkeit gegenüber dem Schmerz und Leid so vieler Missbrauchsopfer" wirkt. O'Malley verweist darauf, dass in den vergangenen Monaten wiederholt Betroffene von sexuellen und geistlichen Übergriffen sowie Machtmissbrauch sich an die Kinderschutzkommission gewendet haben und ihre wachsende Frustration geäußert haben, dass einige vatikanische Ämter, insbesondere auch das Kommunikationsdikasterium, weiterhin Kunstwerke von Rupnik verwenden.

Unschuldsvermutung spreche nicht gegen Rücksicht gegenüber Betroffenen

Noch läuft der Prozess des Glaubensdikasteriums gegen Rupnik wegen Vorwürfen psychischer Gewalt und sexuellen Missbrauchs von Mitgliedern der von dem ehemaligen Jesuitenpater gegründeten geistlichen Gemeinschaft. O'Malley betont, dass die Unschuldsvermutung gewahrt werden müsse. Der Heilige Stuhl und seine Einrichtungen müssten aber zugleich "kluge pastorale Umsicht und Mitgefühl gegenüber denjenigen walten lassen, die durch sexuellen Missbrauch durch Kleriker geschädigt wurden". Papst Franziskus habe darauf gedrängt, einfühlsam zu sein und sich mit denen zu solidarisieren, die durch jegliche Form von Missbrauch verletzt wurden. Der Kardinal fordert die Dikasterien auf, dies bei der Illustration von Inhalten zu berücksichtigen, die auf den Kommunikationskanälen der Kurie veröffentlicht werden.

Basilika von Aparecida
Bild: ©adobe.stock/edojob (Archivbild)

Die Kathedralbasilika von Aparecida ist das bedeutendste Marienheiligtum in Brasilien. An einer der Fassaden sind Mosaike des mutmaßlichen Missbrauchstäters und Priesters Marko Rupnik angebracht.

In der vergangenen Woche hatte Kommunikationspräfekt Ruffini bei einer Medienkonferenz in den USA erklärt, dass der Vatikan nicht darauf verzichten wird, auf Kunst des mutmaßlichen Missbrauchstäters Rupnik in der Vatikan-Kommunikation zurückzugreifen. Solange der Prozess noch nicht abgeschlossen sei, stehe es ihm nicht an, eine Entscheidung vorwegzunehmen. Ohnehin verwende sein Dikasterium nur Bilder, die schon vorhanden seien. Das habe auch nichts mit der Zuwendung der Kirche zu Betroffenen zu tun. "Die Nähe der Kirche zu jedem Opfer ist klar", sagte Ruffini.

Nach Kritik der Kinderschutzkommission Verjährung aufgehoben

Rupnik werden seit Jahren verschiedene Formen des Missbrauchs vorgeworfen. Der Fall wurde im Dezember 2022 publik. Ermittlungsverfahren des Jesuitenordens unter Leitung der Glaubenskongregation endeten mit der Feststellung, dass die mutmaßlichen Verfehlungen verjährt seien. 2022 untersagte der Jesuitenorden Rupnik die öffentliche Ausübung seines Priesteramts und ordnete weitere Auflagen an. Mitte Juni 2023 wurde er aus dem Orden ausgeschlossen, nachdem er die Auflagen anscheinend ignoriert hatte.

Im Oktober teilte der Vatikan mit, dass Papst Franziskus das Glaubensdikasterium mit einer Untersuchung der Vorwürfe gegen Rupnik beauftragt hat. Um das kirchliche Verfahren gegen Rupnik zu ermöglichen, hob der Papst die Verjährungsfristen auf. Zuvor hatte die Päpstliche Kinderschutzkommission den Umgang mit Rupnik massiv kritisiert. Über den aktuellen Stand des Verfahrens ist nichts bekannt. Rupnik ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Mosaikkünstler. Eines seiner bekanntesten Werke ist die 1999 vollendete Kapelle "Redemptoris Mater" im Papstpalast im Vatikan. Daneben gestaltete er Sakralräume unter anderem in Fatima, Lourdes, Krakau und Washington, D.C. Über den Umgang mit seiner Kunst wird seit Bekanntwerden der Vorwürfe weltweit diskutiert. (fxn)