Zusammenhang mit Immobilienskandal?

Ex-Vatikan-Wirtschaftsprüfer: Tod von Kardinal Pell "geheimnisumwoben"

Veröffentlicht am 03.07.2024 um 12:36 Uhr – Lesedauer: 

Sydney ‐ Im vergangenen Jahr starb Kardinal George Pell überraschend nach einer Routine-Operation. Waren die Gründe dafür sein Kampf gegen Korruption im Vatikan und die Aufdeckung des Immobilienskandals? Ein Vertrauter Pells hat das nun angedeutet.

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Der ehemalige Wirtschaftsprüfer des Vatikan, Libero Milone, hat den Tod von Kardinal George Pell als "geheimnisumwoben" bezeichnet. "Bei seiner Beerdigung, an seinem Sarg, habe ich ihm versprochen, dass wir die Wahrheit ans Licht bringen werden", sagte Milone laut einem Bericht der Zeitung "The Australian" vom Mittwoch (Ortszeit). Damit deutet der Wirtschaftsexperte einen Zusammenhang von Pells Tod mit dem Immobilienskandal im Vatikan an. Laut Recherchen des australischen Mediums gab es monatelang Gerüchte im Vatikan um die letzten Lebensstunden Pells wegen des ungewöhnlichen Umgangs mit seinem Leichnam. Dieser soll nach der Autopsie nicht, wie sonst üblich, zurecht gemacht worden sein, sondern sei "in Unordnung" hinterlassen worden. Nach einer routinemäßigen Hüftgelenksoperation am 10. Januar 2023 im römischen Salvator-Mundi-Hospital war der australische ehemalige Kurienkardinal infolge von Komplikationen gestorben.

Namentlich nicht genannte Quellen aus dem Umfeld des Vatikan hätten behauptet, die Video-Überwachung des Krankenhauses sei zum Zeitpunkt von Pells Tod ausgeschaltet gewesen, so die Zeitung weiter. Eine entsprechende Anfrage an die Klinik sei nicht beantwortet worden. Zudem gebe es Gerüchte, dass zum Todeszeitpunkt Pells kein Arzt verfügbar gewesen sei. Nach der Operation sei der 81-jährige Pell zunächst in stabilem Zustand aufgewacht und kurze Zeit später überraschend an einem Herzstillstand gestorben.

Zudem sei Pell von engen Freunden im Vatikan dazu gedrängt worden sein, den medizinischen Eingriff an der Hüfte nicht in Australien, sondern in Rom vornehmen zu lassen. Ungewöhnlich sei laut Zeitung, dass er im privaten Salvator-Mundi-Hospital und nicht in der dem Vatikan nahegelegenen Gemelli-Klinik operiert wurde. Das Gemelli-Krankenhaus ist das Universitätsklinikum einer katholischen Universität in Rom. Dort werden üblicherweise hochrangige Vatikan-Mitarbeiter behandelt. Auch Papst Franziskus hielt sich schon öfters für Behandlungen in der Gemelli-Klinik auf.

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Pell war nach Stationen als Erzbischof von Melbourne und Erzbischof von Sydney von 2014 bis 2019 Präfekt des neugeschaffenen Wirtschaftssekretariats der Kurie. 2003 wurde er von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal erhoben. Von 2013 bis 2018 war Pell Mitglied des Kardinalsrats, eines engen Beratungsgremiums von Papst Franziskus. Nachdem 2008 erste Vorwürfe wegen Vertuschung von Missbrauch gegen Pell lautgeworden waren, leitete die australische Polizei 2017 Ermittlungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern durch den Kardinal während seiner Zeit als Priester und Erzbischof in Australien ein. 2018 wurde Pell schuldig gesprochen, was ein Berufungsgericht ein Jahr später bestätigte. 2020 wurde dieses Urteil gegen den Kardinal vom obersten Gericht Australiens jedoch aus Mangel an Beweisen wieder aufgehoben. Pell befand sich über ein Jahr unschuldig in Haft.

Milone war als Wirtschaftsprüfer des Vatikan ein enger Mitarbeiter von Pell bei der Neuordnung der Finanzen des Kirchenstaats im vatikanischen Wirtschaftssekretariat. 2017 waren Milone und ein weiterer Vatikan-Mitarbeiter vom damaligen Substituten des Staatssekretariats, Erzbischof Giovanni Angelo Becciu, entlassen worden. Der Schritt geschah im Zusammenhang mit dem inzwischen vor Vatikangerichten verhandelten Immobilienskandal. Becciu wurde 2023 wegen Betrug und Unterschlagung zu fünfeinhalb Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt. Milone hatte das Staatssekretariat wegen seiner Entlassung auf mehr als neun Millionen Euro Schadensersatz verklagt, die Klage wurde von einem Vatikan-Gericht im Januar 2024 jedoch abgewiesen. Milone kündigte an, in Berufung zu gehen. Der ehemalige Wirtschaftsprüfer sieht sich als Opfer von Korruption und Interessenskonflikten im Vatikan. (rom)