Feierlichkeiten in Bamberg für letzten Ottonen

Kaiser, Heiliger, Kirchenreformer: Vor 1.000 Jahren starb Heinrich II.

Veröffentlicht am 13.07.2024 um 00:01 Uhr – Von Alexander Brüggemann (KNA) – Lesedauer: 
Ein Paar mit kaiserlichen Herrschaftssymbolen liegt als Mamrmor-Relief auf einem Grab. Es handelt sich um das Kaisergrab im Bamberger Dom.
Bild: © KNA

Bamberg/Bonn ‐ Frömmigkeit bedeutet nicht unbedingt den Verzicht auf Härte. Wer das annimmt, hat wohl noch nie von Kaiser Heinrich II. gehört. Statt Mönch oder Bischof wurde er König und Kaiser – und zeigte der Kirche zudem, wie Reformen funktionieren.

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Und plötzlich war der Kaiser tot. Gerade 21 Jahre jung, kinderlos, den Kopf voller Ideale von einem christlichen Imperium, starb Otto III. in einer winzigen Burg, 50 Kilometer nördlich von Rom. "Kaiser-Schock", so würde die "Bild"-Zeitung heute titeln. Als die Nachricht im Spätwinter 1002 in Deutschland ankommt, rücken allerlei Thronanwärter ihre Stühle zurecht. Doch einer schaltet am schnellsten.

Freilich hat Herzog Heinrich aus der bayerischen Nebenlinie der (eigentlich sächsischen) Ottonen auch das geografische Glück auf seiner Seite: Mit der Leiche Ottos III. zieht Reichskanzler Heribert von Köln von Italien zurück durch sein Territorium. In Polling am Ammersee erzwingt der Bayern-Herzog – mit Kerkerhaft – die Herausgabe der Reichsinsignien und lässt fortan keinen Zweifel mehr an seinen Herrschaftsansprüchen. 1002 lässt er sich als Heinrich II. mit den erpressten Insignien zum König krönen.

Dabei war ihm ursprünglich wohl eher eine Kirchenkarriere zugedacht gewesen. Kaiser Otto II. schickt den Jungen zur Ausbildung an die renommierte Hildesheimer Domschule – wohl um ihm früh den Zahn der Politik zu ziehen. Doch obwohl lebenslang persönlich äußerst fromm, lässt es Heinrich zu keiner Zeit an politischer Entschlossenheit fehlen.

Keine hochfliegenden Italienträume

Gegen mächtige Konkurrenten gelingt ihm bald, in zähem Ringen und mit kleinteiligen Zugeständnissen, die Anerkennung seiner Königswürde. Hochfliegende Italien-Träume wie Otto III. hat der Realist Heinrich nicht. Sein Ziel ist die Festigung der Königsherrschaft nördlich der Alpen. Seine drei vergleichsweise kleinen Italien-Züge dienen nur drei Zielen: leidlichem Frieden südlich der Alpen, Einvernehmen mit dem Papst – und der Erlangung der Kaiserwürde 1014.

Doch zunächst gilt es für den neuen König, lokale Konflikte in Deutschland auszufechten und die Treue der Lehnsmänner zu erzwingen. Um Ehrgeiz und Streitlust der deutschen Fürsten im Zaum zu halten, bedient sich Heinrich II. eines wirksamen Instruments, das seiner Frömmigkeit entgegenkommt: der damals aufkommenden Kirchenreform. Als Gegengewicht zu den Reichsfürsten baut er entschlossen die weltliche Macht der Bischöfe aus und setzt durchweg fähige Getreue auf diese Posten.

Der Bamberger Dom mit der Stadt im Hintergrund
Bild: ©adobestock/Animaflora PicsStock

Der Bamberger Dom wurde auf Anordnung von Kaiser Heinrich II. erbaut.

Heinrich II. will eine fähige Verwaltung – und lokale adlige Vetternwirtschaft und Schlendrian aufbrechen. Zudem erwartet er von den neuen Bischöfen, klamme Bistümer mit ihrem Privatvermögen aufzupäppeln und fromme Stiftungen für ihr Seelenheil vorzunehmen. Bei wohlhabenden Bistümern und Klöstern dagegen zögert Heinrich II. nicht, Teile des Vermögens einzuziehen und mehr Kontemplation anzumahnen. Ein Affront zweifellos. Die Mönche des Klosters Corvey greifen 1014 sogar zu den Waffen gegen den vermeintlichen Tyrannen – allerdings mit kläglichem Ausgang.

Kirchenreform: ein Begriff, der durch die Jahrhunderte immer neu klingt: Damals, vor 1.000 Jahren, richtete sich die Reform gegen Missstände wie Machtmissbrauch, Ämterkauf oder Vetternwirtschaft; und gegen die Priesterehe – für die sich heutige Reformer starkmachen. Vor rund 1.000 Jahren waren in der westlichen, "römischen" Kirche viele Priester wie selbstverständlich verheiratet. Die Forderung nach einem verpflichtenden Zölibat (Ehelosigkeit) wird allerdings immer lauter: 1022 ordnen Papst Benedikt VIII. und Kaiser Heinrich II. gemeinsam ein generelles Heiratsverbot für Priester an. So viel Einigkeit bei den Zielen einer Kirchenreform dürfte nur selten geherrscht haben.

Die Ehe von Heinrich und seiner luxemburgischen Frau Kunigunde bleibt – zu beider und des Reiches Kummer – kinderlos; so wird die Kirche zum Kind des Paares (siehe Titelbild) und soll auch sein Vermögen erben. 1007 gründen die beiden, freilich auch zur Grenzsicherung, das Bistum Bamberg und lassen bis 1012 den ersten Bamberger Dom erbauen. Bedeutende Schenkungen und Klosterstiftungen folgen, und zu Ostern 1020 gar ein Besuch des Papstes.

Kundige Kunigunde

Als Heinrich II. am 13. Juli 1024 im Alter von rund 40 Jahren stirbt, ist das Geschlecht der Ottonen im Mannesstamm erloschen. Kunigunde, ins Herrschen durchaus eingeführt, verwaltet noch kurz die Amtsgeschäfte des Reiches. Dann zieht sie sich ins selbst gestiftete Kloster Kaufungen bei Kassel zurück; als Pförtnerin. Gestorben 1039, folgt sie im Jahr 1200 ihrem Mann in den Stand der Heiligkeit, den Papst Eugen III. 1146 verkündet hatte. Heinrich und Kunigunde sind in "ihrem" Dom beigesetzt.

Der 1.000. Todestag Heinrichs II. wird in Bamberg dieser Tage mit großen Feierlichkeiten begangen. Vor wenigen Wochen kehrte sogar eine Heinrichs-Reliquie zurück: ein Oberschenkelknochen, der 1840 an das Collegium Germanicum, das deutsche Priesterseminar am Vatikan, gegeben worden war. Nun bekommt der Kaiser ihn zurück.

Von Alexander Brüggemann (KNA)