"Auch wenn sie mich und viele Gläubige geschmerzt hat"

Schönborn: Deshalb habe ich nicht gegen Olympia-Eröffnung protestiert

Veröffentlicht am 12.08.2024 um 12:46 Uhr – Lesedauer: 

Wien ‐ Der Eklat um die vermeintliche Abendmahls-Persiflage bei der Olympia-Eröffnung hat auch den Wiener Kardinal Christoph Schönborn geschmerzt. Er habe aber nicht laut protestieren wollen. Die Spiele selbst lobt der Erzbischof.

  • Teilen:

Die Olympischen Spiele in Paris haben nach Überzeugung des Wiener Erzbischofs Kardinal Christoph Schönborn gezeigt: "Sport verbindet Menschen rund um die Welt. Faires Verhalten, gegenseitige Achtung, strenge Regeln der Wettkämpfe: All das trägt dazu bei, dass Menschlichkeit gefördert wird", schrieb Schönborn in der "Kronen Zeitung" (Sonntag).

Bei einem solchen Ereignis "mit der grandiosen Eröffnung und der Schlussfeier" am Sonntag könne es nicht ausbleiben, "dass die eine oder andere Panne passiert". Eine kleine ist nach Schönborns Einschätzung, dass einem brasilianischen Surfer verboten wurde, Surfbretter mit Jesus-Emblemen zu benutzen, weil sie angeblich den Olympischen Regeln widersprechen.

Als "eine große Panne" wertete der Kardinal in seiner Auslegung des Sonntagsevangeliums indes die kirchlicherseits viel kritisierte vermeintliche Persiflage auf das "Letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci während der Eröffnungsfeier. Mit Blick auf Jesus habe er allerdings darauf verzichtet, lautstark "gegen die traurige und respektlose Posse" zu protestieren, "auch wenn sie mich und viele Gläubige geschmerzt hat".

Jesus habe mit Ablehnung und Feindseligkeit gerechnet

Er habe Anfragen bekommen, warum er sich nicht kritisch geäußert habe, so Schönborn. "Das heutige Evangelium gibt mir Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie Jesus selber mit Ablehnung, ja Verspottung seiner Lehre und seiner Person umgegangen ist." In der Stelle im Johannesevangelium (Joh 6,41-51) geht es um die Skepsis von jüdischen Gläubigen über die Aussage Jesu, er sei das ewiges Leben verleihende Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.

Schönborn schrieb dazu: "Zugegeben: Es ist eine Zumutung, von einem Menschen aus Fleisch und Blut anzunehmen, dass er ein himmlisches Wesen sein soll." Jesus habe mit Kritik, Ablehnung und Feindseligkeit gerechnet. "Murrt nicht! Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht", sind die Worte Jesu bei Johannes. Diese Antwort mache ihn sehr nachdenklich und lasse ihn zögern, lautstark zu protestieren, so Schönborn.

"Entschuldigt Jesus damit alle die Verhöhnungen, Verspottungen seiner Person und seiner Botschaft?", fragte der Kardinal. "Sind die, die da auf einer Brücke in Paris das heilige Abendmahl Jesu ins Lächerliche gezogen haben, von Jesus selber in Schutz genommen? Wie sollen sie verstehen, was Jesu Abendmahl bedeutet, wenn nicht Gott selber sie zum Glauben an Jesus 'hingezogen' hat?" Daher sei er so vorsichtig, über Menschen zu urteilen, "denen es (noch) nicht möglich ist, zu glauben, was Jesus von sich selber sagt". (mal/KNA)