Kirche kündigt Pacht – Bauern protestieren mit Traktoren vor dem Dom
Mit Traktoren haben rund 300 Bauern vor dem Eisenstädter Martinsdom gegen die neue Pachtpreispolitik der österreichischen Diözese Eisenstadt protestiert. Wie das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt am Donnerstag berichtete, äußerten die versammelten Landwirte bei der Protestkundgebung ihren Unmut darüber, dass die Diözese ihre Pfarrpfründe zentral verwalten und die Pachtflächen im Rahmen eines Bestbieterverfahrens neu vergeben will. Betroffen seien 950 Flächen in 105 Pfarreien, hieß es. Nicht alle der 300 bisherigen Pächter seien bei der Neuvergabe berücksichtigt worden.
Für Unmut sorgten vor allem die drastisch gestiegenen Pachtpreise, die sich in einigen Fällen fast verdoppelten. Die Landwirte kritisierten die Kirche für die ihrer Meinung nach unfaire Pachtpreispolitik und forderten Nachverhandlungen und mehr Gerechtigkeit bei der Landvergabe. Die neue Regelung diene nur der Gewinnmaximierung der Diözese und sei "Kapitalismus pur". Weder der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics noch sein Wirtschaftsdirektor Johannes Stipsits waren zur Kundgebung vor dem Martinsdom gekommen. Ein Sprecher der Demonstration kündigte bereits eine Fortsetzung der Proteste an, sollte es keine weiteren Gespräche mit der Diözese geben.
Spielraum für Nachverhandlungen begrenzt
Die Pressesprecherin der Diözese äußerte sich gegenüber dem Wochenblatt und stellte klar, dass alle Pachtangebote von Landwirten im Bieterverfahren abgegeben worden seien, keines sei von der Diözese bestimmt worden. Viele Landwirte hätten sich beim Verpächter bedankt, da sie bislang nie die Möglichkeit gehabt hätten, eine kirchliche Fläche zu pachten. "Wir können aber versichern, dass wir die Vergabe nach bestem Wissen und Gewissen objektiv abgewickelt haben", fügte die Pressesprecherhin hinzu. Der Spielraum für Nachverhandlungen sei dadurch begrenzt, da die neuen Verträge bereits verschickt wurden und mit der Unterzeichnung rechtlich in Kraft treten. "Wir haben viele Gespräche geführt und werden bereits zugesagte Pachtflächen nicht nochmals öffnen, dahin gehend sehen wir als Diözese Eisenstadt zum aktuellen Zeitpunkt weitere Gespräche als nicht zielführend an", hieß es.
Auch der Leiter des diözesanen Bauamtes, Stefan Salzer, meldete sich gegenüber dem ORF zu Wort. "Wir haben keine Preistreiberei betrieben, wie uns vorgeworfen wird", sagte er. Insgesamt hätten sich 1.600 Landwirte um die 1.200 Hektar Pachtflächen in 105 Pfarren beworben. Die Pachtpreise seien über Jahrzehnte meist unverändert geblieben und nur in wenigen Fällen angepasst worden. "Selbst die Landwirte haben uns in Gesprächen bestätigt, dass es im ganzen Land bekannt ist, dass die Pfarr- oder Kirchenländereien mit Abstand am billigsten sind." Jeder hatte die Möglichkeit gehabt, ein Angebot abzugeben, so Salzer.
Auf die Kritik der mangelnden Kommunikationsbereitschaft reagierte die Diözese mit dem Hinweis auf Gespräche mit der Landwirtschaftskammer. Dabei habe die Diözese deutlich gemacht, dass Regionalität wichtig sei. Der überwiegende Teil der Bieter seien daher Landwirte aus der Region gewesen. Großbauern aus anderen Bundesländern seien nicht zum Zug gekommen, betonte die Diözese. Rund 60 Prozent der Flächen seien wieder an die Altpächter vergeben worden. Die Zentralisierung des Pachtsystems sei laut Diözese längst überfällig gewesen, denn alle Landwirte, auch jene, "die bisher keine Pacht hatten, hatten nach Jahrzehnten endlich die Chance, sich als Pächter zu bewerben". (mtr)
16.8., 13:48 Uhr: Ergänzt um weitere Reaktionen der Diözese.