Thüringer Bischöfe: Wahlergebnis ist Herausforderung
Als eine Herausforderung für alle haben Thüringens Bischöfe das Wahlergebnis im Freistaat bezeichnet. "Die Bildung einer neuen Landesregierung wird unter den gegebenen Umständen sehr schwer werden. Wir appellieren an alle demokratischen Parteien, sich zum Wohle unseres Landes rasch auf eine arbeitsfähige Koalition zu einigen, auch jenseits bisher geübter Konstellationen", heißt es in einer am Montag vom Bistum Erfurt veröffentlichten Erklärung. "Wir brauchen eine stabile und verlässliche Regierung, die die Probleme unseres Landes mit Herz und Zuversicht anpackt."
Die Bischöfe ermutigten alle Verantwortlichen, den Willen zur gemeinsamen Problemlösung stets über die eigenen parteipolitischen Ziele zu stellen: "Wir sind überzeugt, dass dies der einzige Weg ist, um die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern und die Menschen, die der Demokratie generell nicht mehr vertrauen, wieder zurückzugewinnen." Neben dem Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr unterzeichneten das Schreiben die Bischöfe Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen) und Michael Gerber (Fulda), deren Bistümer nach Thüringen hineinreichen.
"Nicht hinnehmbar"
Sie betonten ihre große Sorge um das gesellschaftliche Klima in Thüringen: "Dass sich Menschen mit Migrationshintergrund nun um ihre Sicherheit sorgen, dass nicht wenige Menschen ernsthaft erwägen, Thüringen zu verlassen oder dass Unternehmen ihre Zukunft in unserem Land infrage stellen, ist nicht hinnehmbar." Weiter hieß es: "Wir werden unseren Teil dazu beitragen, dass Thüringen ein freundliches und weltoffenes Land bleibt. Unsere vordringliche Aufgabe ist und bleibt, für den Schutz der Würde des Menschen einzutreten, gerade an der Seite der Schwachen."
Die AfD habe mit 32,8 Prozent ein historisch hohes Wahlergebnis erzielt. Damit verfügt sie im Landtag erstmals über eine sogenannte Sperrminorität. Das könne die Arbeit im Landtag und die politische Arbeit in Thüringen insgesamt sehr erschweren, so die Sorge der Bischöfe. Zugleich betonten sie, weiterhin offen und bereit zu sein, mit den Wählerinnen und Wählern der AfD den Dialog zu suchen. "Gleichwohl betonen wir erneut, dass eine völkisch-nationalistische Programmatik, wie sie die AfD vertritt, nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar ist."
In Thüringen bekam laut vorläufigem amtlichem Endergebnis die AfD 32,8 Prozent der Stimmen, die CDU 23,6 Prozent, das BSW 15,8 Prozent, die Linken 13,1 Prozent und die SPD 6,1 Prozent. Grüne und FDP sind nicht mehr im neuen Landtag vertreten.
Auch die Bischöfe Sachsens nahmen nach der dortigen Landtagswahl Stellung und riefen die Parteien auf, die Hoffnungen der Wähler ernst zu nehmen. "Der neu gewählte Landtag ist mit seinen sieben Parteien so bunt wie nie zuvor. Auch wenn die Ränder stärker geworden sind, spiegelt er die Vielfalt der sächsischen Gesellschaft wider", schreiben der Dresdner Bischof Timmerevers und der evangelische Landesbischof Tobias Bilz in einer gemeinsamen Erklärung am Montag in Dresden.
Sie verweisen auf die hohe Wahlbeteiligung von 74,4 Prozent und sehen darin ein großes Interesse an politischer Mitbestimmung: "Hinter den Prozentsätzen stehen Hoffnungen von Menschen. Hoffnungen, dass ihre Anliegen ernst genommen werden." Die Bischöfe erklärten, die Abgeordneten bräuchten neben einer klaren Haltung auch eine hohe Gesprächs- und Kompromissbereitschaft. Zugleich sicherten die Kirchen der sächsischen Politik ihre Unterstützung "mit unseren Möglichkeiten" zu.
Absage an Menschenfeindlichkeit
Die Bischöfe warben für einen neuen Umgang miteinander in Politik und Zivilgesellschaft. Dabei gelte es, unterschiedliche Positionen auszuhalten und konstruktive Lösungen zu suchen. Gleichzeitig erneuerten sie ihren Appell, "Menschenfeindlichkeit sowie extremistischem und nationalistischem Gedankengut keinen Platz in unserem Land zu geben."
Laut vorläufigem amtlichem Endergebnis erhielt in Sachsen die CDU 31,9 Prozent der Stimmen, die AfD 30,6 Prozent, das BSW 11,8 Prozent, SPD 7,3 Prozent, Grüne 5,1 Prozent, Linke 4,5 Prozent und die Freien Wähler 2,3 Prozent. Aufgrund einer Grundmandatsklausel sind auch die beiden Letztgenannten im neuen Parlament vertreten, da sie ausreichend Direktmandate gewonnen haben. (tmg/KNA)