Gesine Schwan: Werde weder aus SPD noch aus Kirche austreten
Die SPD-Politikerin und frühere Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin, Gesine Schwan, will trotz ihrer Kritik an der aktuellen Migrationspolitik in ihrer Partei bleiben. "Ich werde nicht austreten. Genau wie ich nicht aus der katholischen Kirche austrete", sagte Schwan der "taz" (Mittwoch). Die Vorsitzende der Grundwertekommission der SPD gehört zu den Initiatorinnen und Initiatoren eines Offenen Briefes, mit dem inzwischen tausende Parteimitglieder von SPD-Politikern in Bundesregierung und Bundestag eine "humane Asylpolitik" fordern.
Sie sei für "einen anderen Ansatz in der Migrationspolitik, in dem statt auf Abschreckung auf eine partnerschaftliche Politik gesetzt wird", sagte Schwan weiter. Es müsse ein deutscher oder europäischer Fonds eingesetzt werden, aus dem Kommunen, die Geflüchtete aufnehmen, Geld bekämen für Integration und in gleicher Höhe für eigene Belange. "Nur so können wir regulieren. Migranten werden immer einen Weg finden." Und die Wirtschaft wolle sie. "Wir müssen mit der empiriefernen Migrationspolitik, die Hetze hervorbringt, aufhören", mahnte die SPD-Politikerin.
"Gefahr für die Menschenwürde"
Derzeit stehe die SPD unter großem Druck, Maßnahmen in der Migrations- und Asylpolitik zu ergreifen. Ihre Partei müsse "auf die aufgeheizte Stimmung in der Öffentlichkeit reagieren", so Schwan. Manche Aussagen in den Medien und durch konkurrierende Parteien gefährdeten die Würde von Migranten. Allein das ständige Sprechen über das Abschieben sei ein Problem, da Abschieben zahlenmäßig zu keiner Lösung führe. "Unter dem Druck der Radikalisierung der Öffentlichkeit ist die SPD in Gefahr, auch rhetorisch mitzumachen bei Formulierungen, die ich für gefährlich für die Würde des Menschen halte."
Dass nach dem Anschlag in Solingen statt über Islamismus vor allem über Migration diskutiert werde, liege auch an Wahlkämpfen, meinte Schwan. Und daran, dass "sowohl für rechte Parteien, aber auch für die CDU unter Friedrich Merz Migration das erfolgreichste Mittel ist, Wahlen für sich zu gewinnen". Der Grund sei nicht die Migration an sich, da seit 2022 die Zahlen zurückgingen. (KNA)