Monat der Weltmission: Hilfe für mutige Frauen im bedrohten Paradies
Auf den ersten Blick ein Paradies: tiefblaues Meer, weiße Strände, Palmen im Wind. Doch dieser Eindruck trügt. Das Cartelet-Atoll mit seinen 2.700 Einwohnern, 86 Kilometer nordöstlich der Insel Bougainville gelegen, gehört zu Papua-Neuguinea und liegt nur 1,20 Meter über dem Meeresspiegel im Südpazifik. Und – es ist einem baldigen Untergang geweiht, wenn man Berechnungen der Klimaforschung glaubt.
"Doch lange bevor das Meer unsere Inseln überspült, werden wir schon nichts mehr zu essen haben", berichtet Ursula Rakova. Denn das Salzwasser und die häufigen Überflutungen zerstörten schon jetzt viele Nutzpflanzen wie Taro, Brotfruchtbäume und Bananen. Die von ihr gegründete Organisation "Tulele Peisa" (auf deutsch: "Wir segeln allein auf den Wellen") pflanzt unter anderem Mangroven am Strand, um das Eindringen des Salzwassers zu verlangsamen und den Menschen möglichst lange ihre Heimat zu erhalten.
Hilfsprojekte mit Frauen an der Spitze laufen besser
Die 59-Jährige ist eine der Frauen, die im Mittelpunkt der neuen Aktion der katholischen Hilfswerke missio Aachen und missio München stehen. Denn "gerade diese Frauen sind es, um deren Anliegen wir uns in etlichen Hilfsprojekten kümmern. Und vor allem sind sie es auch, die konkret vor Ort anpacken und die Lösung von Problemen vorantreiben", erklärt Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von missio Aachen, im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Wenn Frauen in den Projekten mitentscheiden oder diese leiten, läuft die Arbeit am besten. Wir machen seit vielen Jahren einfach diese sehr sehr gute Erfahrung."
Konkret geht es um Frauen in Papua-Neuguinea und auf den Salomon-Inseln, die in missio-Projekten gegen Gewalt, Hexenwahn und die Folgen des Klimawandels kämpfen. Frauen wie Helen Hakena (62), die Präsidentin der katholischen Frauengemeinschaft von Bougainville, die zur Aktion nach Deutschland gekommen ist.
Seit Jahrzehnten setzt sie sich für Frauenrechte in der sehr patriarchalischen Gesellschaft ein. Und seit einigen Jahren auch gegen die Zerstörung der Umwelt, die die Menschen in ihrer Heimat besonders heftig trifft, obwohl sie mit am wenigsten zum Klimawandel beitragen.
Dazu kommen der Kampf gegen Gewalt an Frauen und gegen den grassierenden Hexenwahn, fügt Bingener hinzu: "Frauen werden als Sündenböcke für Krankheiten, Unfälle oder Naturereignisse verantwortlich gemacht und dann als vermeintliche Hexen verfolgt."
In den Hilfsprojekten geht es darum, betroffene Frauen zu schützen, Traumatherapien anzubieten und sie später - wenn möglich - wieder in die Gemeinschaften zu integrieren. "Wichtig sind natürlich auch Aufklärung und Bildung, damit die Menschen nicht länger solche Horrorgeschichten glauben, wenn irgendjemand anfängt, sie zu verbreiten", ergänzt der missio-Präsident. "Und die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden."
In vielen Staaten des Pazifiks seien es vor allem Frauen, die das Zusammenleben in Familie, Kirche und Gesellschaft gestalten und prägen, so Bingener weiter. Doch wichtige Entscheidungen zu treffen, das werde ihnen weiterhin oft verwehrt. Darum setze sich missio für Veränderungen vor Ort ein, "damit Frauen endlich die Rolle spielen können, die ihnen zusteht. Das bringt das Land voran."
Klimawandel geht alle an
Bei der größten Solidaritätsaktion von Katholiken weltweit gehe es aber nicht um Mitleid für Menschen in Not am anderen Ende der Welt, betont der missio-Präsident: "Wenn die Frauen auf den pazifischen Inseln gegen allgegenwärtige Gewalt und geschlechtsspezifische Diskriminierung kämpfen und sich für die Bewahrung der Schöpfung sowie ein friedliches Zusammenleben einsetzen, geht das auch uns etwas an."
Gerade der Klimawandel sei ein Problem mit weltweiten Aus- und Wechselwirkungen: "Viele westliche Akteure beuten immer weiter die Rohstoffe und damit die Umwelt dort vor Ort aus. Es braucht einfach fairere Handelsbeziehungen." Nicht, um paradiesische Zustände zu bewahren – aber um zumindest ein etwas gerechteres Leben zu ermöglichen.