Franziskus besucht die bolivianische Gefangenstadt Palmasola

Papst im Gefängnis

Veröffentlicht am 10.07.2015 um 17:35 Uhr – Lesedauer: 
Papstreise

Santa Cruz de la Sierra ‐ Rund 5.000 Menschen leben in Boliviens berüchtigter Gefangenenstadt Palmasola, die bekannt ist für ihre Gewalt- und Drogenexzesse. Insassen bezeichnen sie als "rechtsfreien Raum". Nun traf Franziskus mit Gefangenen und deren Kindern zusammen - und hatte eine klare Botschaften im Gepäck.

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Er forderte ein "schnelles und effizientes Zusammenwirken" der staatlichen Institutionen gegen die Gewalt und die Überbelegung des Gefängnisses, gegen die Langsamkeit der Justiz und den Mangel an Rehabilitationsprogrammen.

Franziskus umarmt Gefangene

Er nahm sich viel Zeit in Palmasola, einer riesigen, von hohen Mauern umgebenen Wellblechsiedlung. Franziskus umarmte Gefangene und küsste Kinder von Inhaftierten, die dort auch leben müssen und von Steyler Missionsschwestern seelsorgerlich betreut werden.

Ein Mörder schilderte dem Papst bewegt sein Leben, ein anderer sprach von "Sodom und Gomorra" in Palmasola. Dies sei ein völlig rechtsfreier Raum. Bei der Papamobil-Fahrt durch die Gefangenenstadt rannten Häftlinge zu ihm, küssen seine Hand. Der Besuch fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. 

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Franziskus hatte sich den Ort bewusst ausgesucht. In der Haftanstalt sind rund 5.000 Menschen inhaftiert, oft ohne Urteil, die Bedingungen sind teils katastrophal. Das Gefängnis ist wegen seiner Gewalt- und Drogenexzesse berüchtigt und gilt als "Staat im Staate". Ein Grund dafür ist die Überbelegung: Auf rund 40 Quadratmetern schlafen bis zu 50 Häftlinge.

Der Papst forderte bei seinem Besuch, die Logik "der Guten und der Schlechten aufzugeben, um zu einer Logik überzugehen, die darauf gerichtet ist, dem Menschen zu helfen."

Appell an die Gefangenen

Zudem appellierte er an die Häftlinge, dass das Zusammenleben auch von ihnen abhänge, die Kraft des Glaubens könne helfen. Das Leiden und die Entbehrung könnten das Herz egoistisch werden lassen und Anlass zu Auseinandersetzungen geben. Stattdessen müssten die Häftlinge sich aber brüderlich helfen und  die Gewalt überwinden.

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Video: © KNA

KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel begleitet Papst Franziskus auf seiner Reise durch Südamerika. Im fünften Teil seines Videoblogs berichtet er vom Treffen des Papstes mit internationalen Volksbewegungen

Auch Petrus und Paulus seien Gefangene gewesen. "In dieser Situation hatten sie etwas, das sie stützte, etwas, das sie nicht in Verzweiflung fallen ließ, in die Dunkelheit, die aus der Sinnlosigkeit entspringen kann. Es war das Gebet", so der Papst.

Den Häftlingen und dem Gefängnispersonal stellte sich Franziskus mit den Worten vor: "Der vor euch steht, ist ein Mann, der Vergebung erfahren hat. Ein Mann, der von seinen vielen Sünden erlöst wurde und wird". Er habe ihnen nicht viel mehr anzubieten, als das, "was ich habe und was ich liebe", Jesus Christus, der die Barmherzigkeit Gottes sei.

Wird der Besuch des Paptes nachwirken?

Ob der Besuch am Ende mehr sein wird als ein großes Symbol, ist fraglich. Zwar setzt die Visite auch den linken Präsidenten Evo Morales unter Druck, etwas an den unsäglichen Verhältnissen zu ändern. Aber der Papst ist eben auch schnell wieder weit weg im entfernten Europa. Nach Angaben von Jesús Juárez, dem Erzbischof von Sucre, sitzen in Bolivien 84 Prozent der Häftlinge ohne Urteil ein. Das sei ein Justizskandal. "Wenn der Papst wieder weg ist, ist alles wieder da: Der Müll, die Gewalt und die Korruption", sagte enstprechend resigniert auch ein einheimischer Taxifahrer gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Nach dem Gefängnisbesuch stand für den Papst noch ein Treffen mit bolivianischen Bischöfen an. Danach beendete er seine Reise in dem Land und flog weiter nach Paraguay, die dritte und letzte Station seiner Lateinamerika-Reise, wo er noch bis Sonntag bleibt. Am Montag wird er am frühen Nachmittag in Rom zurückerwartet. (gho/dpa/KNA)

10.07.2015, 19.15 Uhr: ergänzt um neue Details

Kindheit hinter Gittern

Am Freitag besucht Papst Franziskus in Boliven die berüchtigte Gefangenenstadt Palmasola. Über 5.000 Gefangene sind hier größtenteils sich selbst überlassen. Steyler Missionsschwestern betreuen eine Kita in der Haftanstalt.