Papst setzt synodale Bestrebungen beharrlich fort

Wie Franziskus durch die Weltsynode die Kirche verändert

Veröffentlicht am 28.10.2024 um 00:01 Uhr – Von Ludwig Ring-Eifel (KNA) – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Ein Hauch von Historie wehte im Vatikan, als am Samstagabend die Teilnehmer der Weltsynode das Te Deum sangen. Zuvor hatten sie nach langen Beratungen einen Text beschlossen – und der Papst eine Vision verwirklicht.

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Der Schlusstext der Weltsynode, den Papst Franziskus am Samstag überraschend freigab, soll die Grundlage für eine umfassende Veränderung der katholischen Kirche werden. Es ist die erste derartige Reform seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965). Zwar enthält das Dokument noch keine Änderungen des Kirchenrechts – doch sind die, wie im Vatikan zu hören ist, längst in Vorbereitung.

Der Text schreibt dafür Grundlinien fest und setzt damit ein Projekt um, das Papst Franziskus seit Jahren beharrlich verfolgt. Die Ziele sind anspruchsvoll: Mehr Mitsprache des "Volkes Gottes", mehr Transparenz und Rechenschaft für die Kirchenoberen und eine Öffnung der Kirche für jene, die bisher in ihr benachteiligt oder ausgegrenzt wurden. Nun wird es darum gehen, diese Prinzipien in allen Ortskirchen von Tromsö bis Kapstadt umzusetzen.

Mit einer Serie von Lehräußerungen und Dokumenten und einem Marathon von Befragungen, Beratungen und Synodalversammlungen auf nationaler, kontinentaler und globaler Ebene hat Franziskus es geschafft, das Bild der Kirche von sich selbst zu verändern. Und es scheint ihm gelungen zu sein, große Teile der Kleriker-Hierarchie bis in den Vatikan dabei mitzunehmen.

Auch Frauen haben Sitz und Stimme

Begonnen hatte es mit einer Jubiläums-Rede zur Bischofssynode am 17. Oktober 2015. Damals erklärte Franziskus, dass er die vom Konzil gewollte stärkere Rolle des Bischofskollegiums bei der Leitung der Kirche nur als Teil eines umfassenderen Prinzips begreift, das er "Synodalität" nennt. Das von ihm geprägte Wort dominiert seither die theologische und kirchenpolitische Debatte.

Im März 2018 legte die Internationale Theologenkommission im Vatikan eine Studie vor. Ihr Titel: "Die Synodalität im Leben und in der Mission der Kirche." Im selben Jahr folgte das Papstdokument "Episcopalis communio – Über die Bischofssynode". Es hatte die höchst verbindliche Form einer "Apostolischen Konstitution". Mit diesem Gesetz veränderte er die Zusammensetzung, den Ablauf und die Tragweite von Bischofssynoden grundlegend.

Beratungen bei Weltsynode
Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliani

Teilnehmer bei der letzten Phase der Weltsynode im Oktober 2024 im Vatikan.

Seither können Nicht-Kleriker, darunter auch Frauen, mit Sitz und Stimme an Synoden mitwirken. Statt eine erbauliche zweijährliche Zusammenkunft von Oberhirten sollte die Synode künftig ein Organ der Mitwirkung des "Volkes Gottes" in der Kirchenleitung werden.

Ihre erste Bewährung in der Praxis hatte die Idee des Papstes dann genau in dem synodalen Prozess, der am Wochenende in Rom nach fast vier Jahren zu Ende gegangen ist. Zwar fehlte es nicht an Stimmen, die meinten, eine Bischofssynode, an der auch Gläubige ohne Weihe teilnehmen, könne gar keine gültige Bischofssynode sein. Andere unkten, dass diese schwer kontrollierbare Art Synode Spaltungstendenzen befördern könnte. Und doch ist es dem Papst gelungen, den Beratungsprozess so zu führen, dass er Spannungen aushielt, ohne Konflikte zuzukleistern.

Bei der Bewältigung dieser Herkulesaufgabe war das von ihm umgebaute Synodensekretariat zentral. Der maltesische Kardinal Mario Grech schaffte es, diese nicht zur Römischen Kurie gehörende und extrem schlanke Behörde so ins Spiel zu bringen, dass der behäbige vatikanische Machtapparat seine anfängliche Skepsis aufgab und kooperierte. Unterstützt wurde er von dem luxemburgischen Kardinal Jean-Claude Hollerich. Der hatte als "Generalrelator" der Synode eine zeitlich befristete, aber durch seine inhaltliche Nähe zum Papst unangefochtene Autorität – und die machte er immer wieder diskret geltend.

Eklat um Kardinal Fernandez

Wie mühsam und störanfällig all das manchmal war, zeigte in der Schlussphase der Weltsynode der Eklat um Kardinal Victor Fernandez. Der Präfekt des Glaubensdikasteriums sollte in einer Kommission die umstrittene Frage des Frauendiakonats einer Klärung näherbringen und erste Ergebnisse dieser Klärung mit Synodalen teilen. Als er genau das nicht tat und viele Synodale ihm lautstark eine skandalöse Dialogverweigerung vorwarfen, wurde deutlich, wie schwer sich manche Spitzenkräfte der Kirche noch mit den Spielregeln der "Synodalität" tun. Und als dann auf Intervention des Synodensekretariats doch noch ein offener Dialog mit dem Präfekten zustande kam, sagte das auch etwas über die neuen Machtverhältnisse und Prioritäten im Zeitalter der Synodalität.

Am Ende des Schlussgottesdienstes der Weltsynode spendete Papst Franziskus am Sonntag den Segen. Er sprach kurzatmig und erschöpft. Auch die Kardinäle Grech und Hollerich am Hauptaltar des Petersdoms wirkten müde. Doch der Papst ließ in seiner Predigt keinen Zweifel daran aufkommen, dass er sich und die Seinen weiter auf einem guten Weg sieht. Er sagte: "Setzen wir also getrost unseren Weg gemeinsam fort (...) stehen wir auf und tragen wir die Freude des Evangeliums durch die Straßen der Welt."

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)