Fragestunde im Flugzeug
Einblick in die Diplomatie
Auf dem Rückflug nach Rom gab Papst Franziskus einen überraschenden Einblick in die Vorgeschichte der aktuellen Aussöhnung zwischen Kuba und den USA. Die Idee zu seinem Vorstoß, der letztlich zur Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden seit mehr als 50 Jahren verfeindeten Staaten führte, habe er bereits früh in seinem Pontifikat gehabt. Er habe dann überlegt, wen er als Mittelsmann schicken könne, und sei schließlich auf einen Kardinal gekommen, den er nach Havanna und Washington schickte.
Wenige Monate später habe er dann die Nachricht erhalten, dass das Eis gebrochen war und die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen bevorstand. Für September plant Franziskus eine historische Reise, bei der er zunächst Kuba und unmittelbar anschließend die USA besuchen wird.
Den Namen des Kardinals nannte der Papst nicht. In seinem näheren vatikanischen Umfeld gibt es zwei Kardinäle, die ausgewiesene Kuba-Experten sind: Beniamino Stella (73), heute Präfekt der Kleruskongregation, war von 1992 bis 1999 Vatikanbotschafter in Kuba. Er bereitete den historischen Besuch von Johannes Paul II. (1978-2005) im Jahr 1998 vor. Der zweite ist Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin (60). Er war vor seiner Berufung zum "zweiten Mann" der Vatikan-Hierarchie im Oktober 2013 Nuntius in Venezuela, einem engen Verbündeten Kubas. (KNA)
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Kein Angebot zur politischen Allianz
Papst Franziskus hat Spekulationen zurückgewiesen, dass die katholische Kirche eine politische Allianz mit den meist linken Volksbewegungen in der Dritten Welt und andernorts suche. Seine Rede beim zweiten Weltkongress der Volksbewegungen am Donnerstag in Bolivien sei einseitig interpretiert worden, sagte er während des Fluges.
Er habe nichts anderes getan, als diesen Gruppierungen, die eine immer wichtigere gesellschaftliche Rolle spielten, die Soziallehre der katholischen Kirche zu erläutern, so der Papst weiter. Wenn er zu Unternehmern spreche, mache er das genauso. Der von ihm gewünschte Dialog mit den Volksbewegungen sei daher kein Angebot zu einer politischen Allianz, sondern ein Akt der Glaubensverkündigung, betonte Franziskus. (KNA)
"Wie ein Urgroßvater"
Selfies sind Papst Franziskus nach eigener Aussage fremd. "Wenn ich diese Sache mit den Selfies sehe, fühle ich mich wie ein Urgroßvater", so Franziskus. Der Papst war im Verlauf der Reise Dutzende Male von Gläubigen zu Selbstporträts mit dem Handy überredet worden. Am meisten überrascht habe ihn ein etwa 40-jähriger Polizist mit seinem Selfie-Wunsch. "Dem habe ich gesagt: Sie sind ja wie ein Teenager", berichtete Franziskus. Er gestand ein, ihm sei die moderne Kommunikationstechnik sehr fremd. "Es ist eine andere Kultur, aber ich toleriere sie." (KNA)
Stärkerer Blick auf die Mittelschicht
Papst Franziskus will künftig nicht mehr nur über Arme und Reiche sprechen. Auf dem Flug gestand er ein, dass die arbeitende Mittelschicht bislang in seinen Äußerungen nicht vorkomme. Darüber müsse er dringend nachdenken.
Er spreche oft über die Armen, weil dies der Sicht des Evangeliums entspreche, erklärte der Papst. Zudem schrumpfe die Mittelschicht in vielen Ländern, und die Kluft zwischen Arm und Reich werde größer.
Dennoch sei es eine berechtigte Forderung an die katholische Kirche, sich auch mit der arbeitenden und Steuern zahlenden Mittelschicht zu befassen. Franziskus kündigte an, sich mit diesem Thema eingehender auseinanderzusetzen. Während seiner Südamerika-Reise hatte der Papst wiederholt die Ausbeutung der Armen angeprangert und die wohlhabende Bevölkerungsschicht zur Solidarität aufgerufen. (KNA)
Nachhaltige Lösung für Griechenland
Für die griechische Schuldenkrise wünscht sich Franziskus eine nachhaltige Lösung. Es müsse ein Weg gefunden werden, der verhindere, dass sich das Schuldendrama wiederhole oder auch andere Länder erfasse. Außerdem warnte er davor, sich gegenseitig die Schuld zuzuschieben. "Ich verstehe nicht viel davon, aber es wäre zu einfach zu sagen: Die Schuld liegt nur bei dem einen", sagte er. "Die Regierenden, die Griechenland in die internationale Verschuldung gebracht haben, tragen eine Verantwortung." Mit der neuen Regierung in Athen unter Alexis Tsipras habe eine etwas gerechtere "Überarbeitung" begonnen. (dpa/KNA)