Franziskus spricht sich für juristische Prüfung von Genozid-Vorwurf aus

Hoff: Papst hat mit Äußerung zu Gaza rote Linie überschritten

Veröffentlicht am 20.11.2024 um 11:27 Uhr – Lesedauer: 

Salzburg/Wien ‐ In seinem neuen Buch fordert Papst Franziskus eine juristische Prüfung von Genozid-Vorwürfen in Gaza. Für den Salzburger Theologen Gregor Maria Hoff hat sich der Papst damit zu einer Partei im Konflikt gemacht – und unterstützt damit Antisemitismus.

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Der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff sieht in der Aufforderung von Papst Franziskus, Genozid-Vorwürfe gegen Israel zu prüfen, eine rote Linie überschritten. Mit seiner Äußerung habe der Papst sich in einem internationalen Konflikt zur Partei gemacht, schreibt der Fundamentaltheologe in einem Beitrag für die Online-Ausgabe von "Communio" (Dienstag). "Die jüngsten Äußerungen von Franziskus zur Untersuchung des Genozid-Vorwurfs gegenüber Israel überschreiten eine Grenze: die der Neutralität, denn offensichtlich hält Franziskus den Vorwurf für diskutabel. Mehr noch: Der Papst rückt das Verhalten Israels in die Nähe zu einem Völkermord", so Hoff.

Die von Hoff kritisierten Aussagen stammen aus dem neuen Buch von Papst Franziskus, aus dem am Sonntag in der italienischen Presse Auszüge veröffentlicht wurden. Darin spricht er sich für eine eingehende Untersuchung der aktuellen Ereignisse im Gaza-Streifen aus. "Nach Ansicht einiger Experten weist das Geschehen in Gaza die Merkmale eines Völkermords auf", so der Papst. "Wir sollten sorgfältig prüfen, ob es in die von Juristen und internationalen Gremien formulierte technische Definition passt." Israel erwähnt Franziskus nicht direkt.

Papst Franziskus
Bild: ©KNA/Vatican Media/Romano Siciliani (Archivbild)

Papst Franziskus steht aufgrund von Äußerungen zur Weltpolitik regelmäßig in der Kritik.

Nach Ansicht Hoffs unterstützt der Papst mit seinen Äußerungen den weltweit neu aufflammenden Antisemitismus. "Das will er selbstverständlich nicht. Aber für das, was ein Papst mit seiner Autorität kommuniziert, muss er Verantwortung übernehmen. Seine hochproblematischen Aussagen stellen ein Risiko für Israel als Staat und für Juden weltweit dar", so der Theologe weiter. Die Aussage reihe sich ein "in prekäre Stellungnahmen und problematische Verhaltensmuster des Vatikans und von Franziskus selbst seit dem genozidalen Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023".

Kritik auch von der Europäischen Rabbinerkonferenz

Zwar differenziere Franziskus zwischen Israel und den Juden. Indem der Papst sich aber nicht hinreichend klar zum Terror gegen den Staat Israel als Lebensraum für Juden positioniere, stehe auch seine theologische Position in Frage. "Für Juden weltweit stellt sich die Frage, wo der Stellvertreter Christi steht. Ein belastbarer Partner ist dieser Papst für sie nicht", stellt Hoff fest.

Angesichts der Äußerung des Papstes hat sich am Dienstag auch die Europäische Rabbinerkonferenz "zutiefst beunruhigt" gezeigt. "Auch wenn man über die Wirksamkeit des laufenden Krieges Israels gegen die Hamas streiten kann, so bleibt er doch eine militärische Antwort auf den Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 und die ausdrückliche Drohung der Hamas, diesen wahllosen mörderischen Amoklauf zu wiederholen, wann immer sie kann", heißt es in der Erklärung der Konferenz, die nach eigenen Angaben rund 1.000 Mitglieder und 800 aktive orthodoxe Rabbiner in Europa vertritt. In der heutigen Zeit, "in der die freie Welt und die westliche Zivilisation von Diktaturen angegriffen werden", sei die Führung des Papstes gefragt, um Freiheit und Demokratie zu verteidigen. Israel sei dem humanitären Völkerrecht verpflichtet, während die Hamas jede Norm dieses Rechts verletze. "Der Massenmord durch die Hamas und ihre Kollaborateure, wie er in ihrem Pakt der Islamischen Widerstandsbewegung von 1988 zum Ausdruck kommt, zeigt, dass die Aggressoren im Gegensatz zu Israel durchaus einen Völkermord beabsichtigen, diesen versucht haben und weiterhin versuchen wollen", so die Rabbinerkonferenz weiter. (fxn)