Medjugorje-Beauftragter: Seher sind "einfache und gute Menschen"
Der vom Papst ernannte Apostolische Visitator für den bosnisch-herzegowinischen Wallfahrtsort Medjujorje, Erzbischof Aldo Cavalli, hält nach eigenen Aussagen gerne Kontakt zu den Sehern. Er habe sich schon öfters "auf einen Kaffee" mit ihnen getroffen und einen positiven Eindruck gewonnen, sagte Cavalli in einem Interview von "Vatican News" (Donnerstag). "Sie sind einfache und gute Menschen, haben alle eine Familie und dieselben Probleme, die es in jeder Familie gibt." Auch wenn keiner aus dieser Gruppe Priester oder Ordensfrau geworden sei, "hat doch jeder und jede von ihnen seine eigene Berufung, seinen eigenen Auftrag und sein eigenes Familienleben".
Medjugorje liegt 100 Kilometer südwestlich von Sarajevo und ist seit 1981 bekannt für seine Berichte zu Marienerscheinungen von sechs Jugendlichen. Laut den Sehern dauern diese nach wie vor an. Innerkirchlich sind die Visionen umstritten; der Vatikan hatte sich lange damit auseinandergesetzt. In dem im vergangenen September veröffentlichten Dokument "Königin des Friedens" erkannte das vatikanische Glaubensdikasterium die Marienverehrung in Medjugorje an. Eine Anerkennung eines übernatürlichen Ursprungs der Marienerscheinungen ging damit jedoch nicht einher.
Entscheidung als Aufforderung
Cavalli sieht die erfolgte Einordnung durch den Vatikan als eindeutige Empfehlung, nach Medjugorje zu kommen. "Medjugorje hat die höchstmögliche Anerkennung im Rahmen der neuen Normen erhalten", so der Apostolische Visitator. "Das Dokument sagt sehr klar: Begebt euch nach Medjugorje, denn es ist ein Ort der Gnade." Zwei Millionen Pilger aus aller Welt seien allein 2024 gekommen, unter ihnen fast 50.000 Priester, berichtete der Erzbischof.
Mit der Neuregelung habe Cavalli eine zusätzliche Verantwortung übertragen bekommen: Die "angeblichen Botschaften", welche manche der Medjugorje-Seher in bestimmten Intervallen – teils monatlich – erhalten, müssen von ihm approbiert werden, bevor sie veröffentlicht werden dürfen. Vor allem gehe es um die Überprüfung, ob der Inhalt mit dem Glauben übereinstimmt, erklärte der Erzbischof, der diese Vorgehensweise als einfach bezeichnete: "Wenn es eine Botschaft gibt, schreibt sie die Person, die sie empfangen hat, an mich, in ihrer eigenen Sprache, also in Kroatisch. Sie wird dann sofort ins Italienische übersetzt."
Der Italiener Cavalli ist seit 2021 für die Aufsicht über die Pilgerseelsorge in Medjugorge zuständig. Er trat die Nachfolge des polnischen Erzbischofs Henryk Hoser, der an einer Corona-Infektion gestorben war. Hoser war 2017 von Papst Franziskus beauftragt worden, Erkenntnisse über die Situation vor Ort zu sammeln. (KNA)