Versäumnis während der Vereidigung

Bei Amtseinführung: Donald Trump vergisst die Bibel

Veröffentlicht am 21.01.2025 um 09:24 Uhr – Von Bernd Tenhage (KNA) – Lesedauer: 

Washington ‐ Bei seiner Vereidigung vergisst Donald Trump, seine Hand auf die Bibel zu legen. Ein aufschlussreicher Moment für einen Mann, der sich selbst als von Gott auserwählt sieht.

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Der 47. Präsident ließ vor seiner zweiten Amtseinführung am Martin-Luther-King-Tag alle Welt wissen, dass er seinen Eid auf zwei Bibeln ablegen werde. Die in burgunderfarbenen Samt gebundene Bibel des "Sklavenbefreiers" Abraham Lincoln aus dem Jahr 1861 und sein persönliches Exemplar, ein Geschenk seiner Mutter Mary Anne MacLeod aus dem Jahr 1955. Doch im entscheidenden Moment der Vereidigung legte Donald Trump am Montag seine Hand nicht auf eine einzige Bibel. Er vergaß es.

Als Chief Justice John Roberts ihm den Amtseid abnahm, hob er die rechte Hand zum Schwur, die linke Hand blieb an seiner Körperseite, während er die Worte "So help me God" sprach. In der Geschichte der inzwischen 60 Amtseinführungen ein Novum. Aber das Ganze ist auch nicht zwingend vorgeschrieben, wie Staatsrechtler Michael Gerhardt von der University of North Carolina gegenüber dem Fernsehsender ABC darlegte. "Der Amtseid ist auch ohne Handauflegen auf die Bibel gültig." Mehr noch: Die Verfassung sieht die Verwendung einer Bibel nicht vor.

Trump wähnt sich von Gott gerettet

In seiner Antrittsrede im Kapitol lieferte Trump dann seine Deutung des missglückten Attentats in Pennsylvania im vergangenen Sommer. Er sei von Gott gerettet worden, "der Amerika wieder groß werden lassen wollte". Die religiöse Dimension seiner Präsidentschaft unterstrich er auch mit dem Versprechen, dass er dafür sorgen wolle, dass Gott nicht vergessen werde. Amerika werde unter seiner Führung wieder eine "freie, souveräne und unabhängige Nation" sein. "Wir werden eine Nation sein, die sich ihres Gottes erinnert."

Donald Trump bei der Amtseinführung zum neuen US-Präsidenten
Bild: ©picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Julia Demaree Nikhinson

Donald Trump bei seiner Amtseinführung.

Der evangelikale Prediger Franklin Graham bestärkte Trump in der Sichtweise, ein Auserwählter zu sein. "Wenn Ihre Feinde dachten, Sie seien am Ende, hat Gott und nur Gott allein Ihr Leben gerettet und Sie mit Kraft und Macht wieder aufgerichtet." Graham betete bei der Amtseinführung: "Sie sind der von Gott Gesandte, um diese Nation zu retten."

Mahnende Worte des Papstes

So weit ging Kardinal Timothy Dolan nicht, der vor Graham zu Beginn der Amtseinführung für Trump betete. Dolan gehört laut Medienberichten zu jenen Bischöfen, die Trump nahestehen. Papst Franziskus dagegen hatte zur Amtseinführung eine mahnende Botschaft an Trump gerichtet und die Hoffnung geäußert, dass unter dessen Führung das amerikanische Volk "stets danach streben wird, eine gerechtere Gesellschaft aufzubauen, in der es keinen Platz für Hass, Diskriminierung oder Ausgrenzung gibt".

In seiner halbstündigen Antrittsrede machte Trump klar, welchen Weg er einschlagen wird. Er kündigte die sofortige Ausweisung von "Millionen und Abermillionen krimineller Ausländer" an und erklärte einen "nationalen Notstand" an der Südgrenze. Er versprach die massive Förderung von Öl und Gas. Mit einer Reihe von Dekreten will der Präsident noch diese Woche die Transgender-Rechte einschränken und das Pariser Klimaabkommen endgültig aufkündigen.

Die Botschaft des Papstes, so zumindest kommt es Kritikern vor, stößt auf taube Ohren. Da erschien es fast folgerichtig, dass Trump beim Amtseid seine Hand nicht auf die Bibel legte. Die Heilige Schrift betrachtet er eher als politisch hilfreiche Requisite. Oder als gewinnbringendes Marketing-Instrument. Für 69,99 US-Dollar warb er im Vorfeld der Amtseinführung für eine Sonderedition der "God Bless the USA"-Bibel. Für 1.000 US-Dollar gibt es eine von ihm signierte Luxusversion, deren Wert nach seiner Vereidigung zum 47. Präsident der Vereinigten Staaten nur steigen kann.

Von Bernd Tenhage (KNA)