Streit zwischen Bischöfen und Mitte-Links-Regierung eskaliert

Kirche will Halbierung des Religionsunterrichts in Polen verhindern

Veröffentlicht am 21.01.2025 um 09:47 Uhr – Lesedauer: 

Warschau ‐ Polens Bischöfe erwägen im Streit um das Schulfach Religion juristische Schritte gegen das Bildungsministerium. Sie werfen der Ministerin rechtswidriges Handeln vor. 2024 gewann die Kirche bereits vor Gericht.

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In Polen eskaliert der Streit zwischen der katholischen Kirche und der Mitte-Links-Regierung um das Fach Religion an öffentlichen Schulen. Der Sprecher der Bischofskonferenz, Leszek Gesiak, sagte dem TV-Sender Polsat News am Montag: "Wir werden weitere rechtliche Schritte ergreifen, je nachdem, wie sich die Situation entwickelt." Die eigenen Anwälte würden den Fall im Moment analysieren, ergänzte er.

Bildungsministerin Barbara Nowacka hatte am Freitag trotz erheblicher Einwände der Kirche angeordnet, dass der Umfang des Religionsunterrichts ab kommendem Schuljahr auf eine Stunde in der Woche halbiert wird. Das Präsidium der Bischofskonferenz bezeichnete diese Verordnung der Ministerin am Sonntag als "rechtswidrigen Akt", weil das vorgeschriebene Einvernehmen mit der katholischen Kirche und anderen betroffenen Glaubensgemeinschaften fehle.

"Wir erwarten, dass das Ministerium für nationale Bildung zu rechtsstaatlichen Standards zurückkehrt und von konfrontativen Maßnahmen gegenüber Gläubigen absieht, die vollwertige Bürger der Republik Polen sind", erklärten der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Tadeusz Wojda, und sein Stellvertreter, Erzbischof Jozef Kupny, am Sonntag.

Bischöfe: Eingriff in Rechte der Schüler und Religionslehrer

Die Kürzung des Religionsunterrichts auf eine Stunde pro Woche und die neue Pflicht, das Fach Religion nur in der ersten oder letzten Stunde am Tag anzubieten, schränke das in der Verfassung garantierte Recht von Eltern ein, ihre Kinder im Einklang mit ihrem eigenen Glauben zu erziehen. Die Bischöfe kritisieren zudem einen Eingriff in die Rechte der Schüler und der Religionslehrer. Letztere fürchten nun teilweise, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Gegen eine andere Verordnung von Bildungsministerin Nowacka hatte die katholische Kirche 2024 bereits Polens Oberstes Gericht angerufen und von den Verfassungsrichtern Recht bekommen. Dabei ging es um den gemeinsamen Religionsunterricht verschiedener Jahrgänge, wenn in einer Klasse weniger als sieben Schüler das Fach wählen. Die Regierung erkannte das Urteil des Verfassungsgerichts nicht an.

Nowacka begründete die von ihr verfügte Kappung des Religionsunterrichts mit dem "gesunden Menschenverstand". Junge Menschen sollten nicht mehr Stunden Religionslehre erteilt bekommen als Biologie, Chemie, Physik und Gesellschaftskunde zusammen, so die Politikerin. Das Fach Religion gibt es erst seit 1990 wieder an polnischen Schulen. Es ist freiwillig. Eltern können ihre Kinder also vom Religionsunterricht abmelden. 1961 hatten die damaligen kommunistischen Machthaber in Warschau an allen Bildungseinrichtungen jeglichen Religionsunterricht verboten. (KNA)