Schon der Papst hatte ihn aufgefordert, von Ausgrenzung Abstand zu nehmen

Bischöfin Budde: Eine Standpauke für Trump – umsonst

Veröffentlicht am 23.01.2025 um 00:01 Uhr – Von Bernd Tenhage (KNA) – Lesedauer: 

Washington ‐ In einer Predigt mahnte die anglikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde den US-Präsidenten zu einer barmherzigen Politik – dieser reagierte auf Trump-Art. Auch in der katholische Kirche der USA zeigt sich wachsender Widerstand gegen manche Pläne.

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Die Predigerin spürte offenbar die Schwere ihrer Aufgabe beim ökumenischen Gottesdienst zur Amtseinführung Donald Trumps in der National Cathedral in Washington. Die religiöse Feier ist Tradition seit den Tagen von Präsident Franklin D. Roosevelt und seitdem Pflichtprogramm für frisch vereidigte US-Präsidenten. Tradition ist eigentlich auch, dass sie eher politische Neutralität ausstrahlt, statt dem neuen Staatsoberhaupt geistliche Ermahnungen auf den Weg zu geben. Nicht so am Dienstag.

Zusammen mit First Lady Melania, Vizepräsident J. D. Vance und dessen Frau Usha hatte der 47. Präsident in der ersten Reihe Platz genommen. Dahinter saßen Trumps spirituelle Beraterin, die TV-Predigerin Paula White, und der republikanische Speaker des Repräsentantenhauses Mike Johnson; ein Evangelikaler, der gerne fromme Worte gebraucht.

Mahnende Worte

Die anglikanische Bischöfin Mariann Edgar Budde stand nur wenige Meter vom Präsidenten entfernt, als sie das Wort ergriff. Sie schaute Trump direkt an und hielt dem Mann, der sich tags zuvor bei seiner Rede zur Amtseinführung als Auserwählter Gottes inszeniert hatte, eine Standpauke.

"Im Namen Gottes bitte ich Sie, haben Sie Erbarmen mit den Menschen in unserem Land, die jetzt Angst haben", hallte Buddes Stimme durch das in buntes Licht getauchte Kirchenschiff. Ihre sorgfältig vorbereitete Predigt zielte direkt auf Trumps geplante Massenabschiebungen. "Die große Mehrheit der Einwanderer sind keine Kriminellen", mahnte die Bischöfin. "Sie zahlen Steuern und sind gute Nachbarn."

Donald Trump bei der Amtseinführung zum neuen US-Präsidenten
Bild: ©picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Julia Demaree Nikhinson

Donald Trump bei seinem Amtseid. Seine Inaugurationszeremonie war voll von religiöser Inszenierung.

Nachdrücklich verwies sie auf die "Menschen, die unsere Ernte einbringen, unsere Bürogebäude reinigen, in Geflügelfarmen und Fleischfabriken arbeiten, die nachts in Krankenhäusern Dienst tun". Besonders eindringlich war ihr Appell für die "Kinder, die fürchten müssen, dass ihre Eltern weggebracht werden".

Es war ein unbequemer, manche Beobachter sagen historischer Moment in der Kathedrale, in der sich Vertreter muslimischer, jüdischer, mormonischer und anderer Glaubensrichtungen versammelt hatten. Demonstrativ blieb Chief Jesse J. Swann Jr. vom Volk der Piscataway Conoy fern, der die Ureinwohner des Landes vertreten sollte.

"Nicht sehr aufregend, oder?"

Trump reagierte unmittelbar danach mit Spott und Häme auf die Mahnung der Bischöfin, die ihn um eine barmherzigere Politik gebeten hatte. "Nicht sehr aufregend, oder?", höhnte er vor Reportern. "Das hätte sie besser machen können."

Tags darauf ging er noch heftiger in die Offensive: Die "sogenannte Bischöfin" sei eine "linksradikale Trump-Hasserin", schrieb er auf seiner Online-Plattform "Truth Social". Der Präsident warf ihr vor, ihre Kirche ungebührlich in die politische Debatte eingebracht zu haben. "Ihr Ton war unangenehm und weder überzeugend noch klug."

Bild: ©picture alliance/Godong/Antoine Mekary (Archivbild)

Kardinal Blase Cupich, Erzbischof von Chicago, kritisierte die Massenabschiebepläne Trumps scharf.

Vor allem habe die Geistliche versäumt, die hohe Zahl illegal eingewanderter Migranten zu erwähnen, die in den USA Menschen umgebracht hätten. Ohnehin sei der gesamte Gottesdienst "langweilig und uninspiriert" gewesen. Von Budde und ihrer Kirche forderte Trump eine Entschuldigung.

Während die katholische Kirche in der Vergangenheit oft zurückhaltend auf Trump reagierte, zeigt sich dort wachsender Widerstand. Papst Franziskus selbst hatte Trump vor der Amtseinführung aufgefordert, von "Hass, Diskriminierung und Ausgrenzung" Abstand zu nehmen, und die geplanten Massenabschiebungen als "Schande" gebrandmarkt. So viel Profil hatte Kardinal Timothy Dolan aus New York beim Inaugurationsgebet im Kapitol nicht gezeigt, als er lediglich für "Trump, seine Familie, seine Berater, sein Kabinett, seine Bestrebungen und seinen Vizepräsidenten" betete.

Bischofskonferenz vorsichtig

Die katholische US-Bischofskonferenz kündigte nach dem Erlass der rigiden Trump-Dekrete zu Einwanderung, Flüchtlingen, Klima und Transgender-Rechten eine umfassende Prüfung an. Sprecherin Chieko Noguchi verwies auf die kirchliche Lehre, die zur Wahrung "der Heiligkeit des menschlichen Lebens und der gottgegebenen Würde der menschlichen Person" verpflichte – die der Einwanderer, Asylsuchenden und Armen eingeschlossen.

Klare Worte fand der Papst Franziskus ernannte Kardinal Blase Cupich aus Chicago. "Die Berichte über geplante Massenabschiebungen in unserer Erzdiözese erfüllen mich mit tiefer Sorge", sagte der Kardinal zu den angekündigten ersten Großrazzien. "Die katholische Gemeinschaft steht an der Seite der Menschen Chicagos bei der Verteidigung der Rechte von Einwanderern und Asylsuchenden."

Von Bernd Tenhage (KNA)