Klimakleber-Urteil: Gericht muss Einkünfte von Pater Alt ermitteln
Welche Einkünfte hat ein katholischer Ordenspriester, der ein Armutsgelübde abgelegt hat? Mit dieser Frage muss sich demnächst das Landgericht München I befassen. Grund ist eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) vom Dienstag.
Der BayObLG hob die Urteile der beiden unteren Instanzen gegen den Nürnberger Jesuitenpater Jörg Alt und zwei weitere Klimaaktivisten auf. Dabei machte der Senat Rechtsfehler bei der Strafzumessung geltend. Alle drei hatten sich im Herbst 2022 an einer Straßenblockade in der Münchner Innenstadt beteiligt. Wegen Nötigung sollten sie jeweils zehn Tagessätze zahlen. Im Fall des Ordensmanns, der sich mit einer Hand auf den Asphalt geklebt hatte, war der fällige Betrag auf das gesetzliche Mindestmaß von einem Euro pro Tag beschränkt worden.
Strafzumessung wird neu verhandelt
Die Staatsanwaltschaft hatte gegen diese Strafzumessung Revision eingelegt, der stattgegeben wurde. Der Fall geht nun an eine andere Kammer des Landgerichts München I. Der Ankläger hatte in der Verhandlung argumentiert, der Ordensmann lebe sicher in anderen Verhältnissen als ein Obdachloser am Hauptbahnhof. Es sei falsch, dass das Gericht bei der Festlegung der Strafe nicht ermittelt habe, ob der Jesuit von seinen Oberen Sachbezüge und ein Taschengeld erhalte.
Einen weiteren Rechtsfehler erkannte das Bayerische Oberste Landesgericht in der Bewertung des Eingriffs in den Straßenverkehr als Nötigung "am unteren Rand der Strafbarkeit". Dagegen spreche allein schon, dass sich in der blockierten Elisenstraße ein mehrere hundert Meter langer Rückstau gebildet hatte.
Angeklagte zeigen sich enttäuscht
Die Angeklagten zeigten sich im Anschluss enttäuscht über das Urteil. Pater Alt hatte in der Verhandlung gesagt, letztlich müsse das oberste bayerische Gericht abwägen, was wichtiger sei: das Recht auf freie Fahrt oder die Rechte künftiger Generationen, deren Lebensgrundlagen durch die Klimakatastrophe zerstört würden. Die Verteidigerin eines anderen Angeklagten erklärte, jedes Jahr stünden Pendler in München 70 Stunden im Stau. Dazu müsse die Beeinträchtigung durch eine Straßenblockade ins Verhältnis gesetzt werden, die nicht länger als 29 Minuten gedauert habe.
Der Vorsitzende Richter Nikolaus Stackmann sagte, die Straßenblockade sei von vornherein ungeeignet gewesen, die Politik zu einer Entscheidung im Sinne der Angeklagten zu drängen. Eine Berufung auf das verfassungsmäßige Widerstandsrecht oder rechtfertigenden Notstand komme nicht in Betracht. Die genötigten Autofahrer hätten keinen erkennbaren Einfluss auf die Politik. Die staatlichen Organe in Deutschland seien in der Lage zu handeln. "Ob sie das tun, was sich die Angeklagten wünschen oder nicht, steht auf einem anderen Blatt." (KNA)